Fernsehgebühr: GEZ-Nachfolger zieht Zwangsanmeldungen durch
Während „Bild“ zu Weihnachten mit einem Gutachten zur Abschaffung des Rundfunkbeitrags falsche Hoffnungen weckte, werden gerade tausende Haushalte nun zu Zwangskunden des „Gebührenservice“ von ARD/ZDF.
Köln/Berlin. Am 1. Januar läuft die Frist ab: Wer bis dahin mit dem „Beitragsservice“ von ARD, ZDF und Deutschlandradio (der früheren GEZ) eventuelle Unstimmigkeiten rund um seinen Rundfunkbeitrag nicht geklärt hat, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit jetzt Zwangskunde der Beitragseintreiber und muss mit Nachzahlungen von bis zu 400 Euro rechnen. Bundesweit berichten Verbraucherzentralen von vermehrten Anfragen tausender Betroffener und raten dringend, vor dem Jahreswechsel auf die Post aus Köln zu reagieren.
In den Fällen, in denen der Beitragsservice aufgrund fehlerhafter Daten doppelte Rechnungen ausgestellt hat, sollten die Betroffenen dies noch vor dem Jahreswechsel im eigenen Interesse klären. Denn am 31. Dezember endet die Übergangsfrist zur Neuregelung. Auf regulärem Weg können doppelt gezahlte Rundfunkbeiträge nach dem Stichtag nicht mehr geltend gemacht werden.
Die frühere Gebühreneinzugszentrale hinter dem Stacheldraht auf dem WDR-Produktionsgelände in Köln-Bocklemünd, wo auch die Kulisse der Lindenstraße steht, hat nicht lediglich das Türschild geändert. Mit der Einführung des „Rundfunkbeitrags“ zum 1. Januar 2013 haben sich die Spielregeln grundlegend geändert: Wer früher partout nicht an die GEZ zahlen wollte, brauchte nur konsequent ihre Post wegzuwerfen und den „Gebührenbeauftragten“ des WDR die Tür nicht zu öffnen.
Gelang der GEZ der Nachweis nicht, dass jemand ohne zu bezahlen einen Fernseher oder ein Radio besaß, gab es kein Geld. Der neue „Rundfunkbeitrag“ funktioniert dagegen wie eine Steuer, darf aber aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht so heißen, und ist von jedem Haushalt zu entrichten — und zwar selbst dann, wenn in diesem Haushalt gar keine TV- oder Radiogeräte vorhanden sind.
Dazu haben die Einwohnermeldeämter dem WDR ihre Daten überspielt. Wer die Post aus Köln bisher ignoriert hat, wird am Ende draufzahlen müssen. Rund 60.000 mal pro Monat verlangen die GEZ-Nachfolger eine Vollstreckung ihrer Forderungen, pro Jahr verschicken sie mehr als eine Millionen Mahnungen.
Das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen, welches die Bild-Zeitung pünktlich zu Weihnachten ausgrub (es datiert freilich bereits aus dem Oktober) und das während der Feiertage im Internet als das endgültige Aus der verhassten GEZ gefeiert wurde, wird am Rundfunkbeitrag gar nichts ändern. Denn die Bundesregierung ist für den Rundfunkbeitrag überhaupt nicht zuständig, da kann das Schäuble-Ministerium begutachten lassen, was es will. Fernsehen und Rundfunk sind in Deutschland aus gutem Grund Ländersache.
Über die Höhe und die Form des Rundfunkbeitrags entscheiden die Ministerpräsidenten der Länder. Und die werden das Finanzierungsmodell ihrer Landesrundfunkanstalten (WDR, NDR, BR usw.) nicht aufgeben. Um Kritiker ruhig zu stellen, soll der Beitrag im kommenden Frühjahr aufgrund der hohen Überschüsse nach der GEZ-Umstellung lediglich von 17,98 auf 17,50 Euro sinken.
Grundsätzlich soll die öffentlich-rechtliche Struktur den Sendern eine gewisse Staatsferne garantieren. Insofern ist das Schäuble-Gutachten brisant: Selbst seine Zusammenfassung liest sich wie ein politischer Anschlag auf das bestehende Modell von ARD und ZDF. Oder wie es im Kleingedruckten des 44-seitigen Papiers heißt: „Diese Broschüre ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung.“
Schäubles Professoren-Beirat ist kurz gesagt der Meinung, dass es kaum noch Gründe gibt, „warum der Rundfunkmarkt wesentlich anders organisiert sein sollte als der Zeitungsmarkt, der durch ein breites privates Angebot und Subskriptionsmodelle gekennzeichnet ist.“ Das soll heißen: Kein Abkassieren mehr für Leistungen, die weder bestellt noch überhaupt genutzt wurden.
Überdies sind die Professoren der Auffassung, dass öffentlich-rechtliche Anbieter nur da auftreten sollten, „wo das privatwirtschaftliche Angebot klare Defizite aufweist“. Auf Werbeeinnahmen sollten ARD und ZDF ganz verzichten, und der Gesetzgeber sich mal entscheiden: „für eine klare Finanzierung aus dem allgemeinen Haushalt oder für eine moderne Nutzungsgebühr, die beispielsweise dem Subskriptionsmodell im Zeitungsmarkt folgt.“