„Focus“: Al-Kaida plant Entführungen in Westeuropa

München/Mainz (dpa) - Die Terrorgefahr in Deutschland ist nach Experten-Einschätzung bei weitem nicht gebannt. Das Bundeskriminalamt (BKA) erkennt nach einem „Focus“-Bericht eine neue Strategie der Terrororganisation Al-Kaida mit “Entführungen auch in Westeuropa“.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) warnte in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa: „Von einer niedrigeren Bedrohungslage zu sprechen, wäre falsch. Wir wissen, dass es ein Potenzial an Bedrohung gibt.“

Neben den üblichen Anschlagsszenarien seien „neue Tatbegehungsweisen“ einzukalkulieren, heißt es laut „Focus“ in einem 24-seitigen vertraulichen Lagebericht des BKA vom 9. August, der dem Magazin vorliegt. Seit den Terrorwarnungen im vergangenen Herbst habe sich die Sicherheitslage offenbar nicht verbessert. Der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte auf unmittelbar bevorstehende Anschläge hingewiesen, der Reichstag wurde weiträumig abgesperrt.

Die BKA-Ermittler konstatieren laut „Focus“, „die intensivierte Gefährdung deutscher Interessen im In- und Ausland“ halte an. “Wir müssen davon ausgehen, dass die im Jahr 2010 bekannt gewordenen terroristischen Planungen fortgeführt werden.“ Die Anschläge seien „grundsätzlich allerorten möglich“.

Hintergrund sind nach Recherchen des Magazins Geheimdienst- Informationen aus den USA. Dort wurden inzwischen Tagebücher und umfangreiche Datenträger von Osama bin Laden ausgewertet, der Anfang Mai von US-Spezialkräften in Pakistan erschossen worden war. Der Terroristenführer ließ einen Chefplaner Attentatspläne schmieden und gab diese in Auftrag. Unter anderem ging es um Kidnapping in Europa, schreibt „Focus“.

Der Mainzer SPD-Minister Lewentz begrüßte angesichts der Lage die Entscheidung des Bundeskabinetts zur Verlängerung der Anti-Terror- Gesetze um weitere vier Jahre grundsätzlich. „Das gibt uns Klarheit. Wir wollen das Miteinander von starkem Staat und bürgerlicher Freiheit stärken“, sagte Lewentz der dpa. Das Verfassungsschutzrecht des Bundes würde ohne die Verlängerung der Sicherheitsgesetze auf den Stand von 2001 zurückgesetzt. Damit würde die vom Grundgesetz geforderte Zusammenarbeit beim Verfassungsschutz des Bundes und der Länder Schaden nehmen, sagte der Innenminister.