Frau von „Sauerland“-Anführer legt Geständnis ab
Die Frau in der schwarzen Burka lächelte und lächelte, während sie über Terrorvideos im Internet sprach. Sie wollte von Deutschland aus den „Heiligen Krieg“ unterstützen.
Berlin (dpa). Im Berliner Prozess wegen Unterstützung terroristischer Vereinigungen im Ausland hat die Frau des Anführers der islamistischen „Sauerland-Gruppe“ ein weitgehendes Geständnis abgelegt. „Ja, ich habe Texte im Internet geschrieben und Spenden gesammelt. Ich habe natürlich gewusst, dass damit auch Waffen gekauft werden“, sagte die 29-jährige Hauptangeklagte in der schwarzen Burka am Mittwoch vor dem Kammergericht. Ihr sei klar gewesen, dass mit den Geldern der Dschihad (Heiliger Krieg) unterstützt werden sollte.
Heute denke sie, dass „ich auf diesem Weg alles noch schlimmer gemacht habe“. Sie frage sich: „Warst du das wirklich?“ Die Bundesanwaltschaft wirft ihr und einem mitangeklagten türkischstämmigen Berliner im Alter von 21 Jahren vor, die terroristischen Vereinigungen Islamische Jihad Union (IJU) und Deutsche Taliban Mujahideen ((DTM) im Ausland mit Geld unterstützt sowie massenhaft Propagandamaterial über das Internet verbreitet zu haben. Ein dritter Verdächtiger soll einen extra Prozess bekommen.
Die mutmaßliche Terrorhelferin sagte lächelnd: „Ich habe nicht gemerkt, dass ich mich habe radikalisieren lassen.“ Sie habe sich aus Wut und Empörung über die zivilen Kriegsopfer und Waisen in Afghanistan mitreißen lassen und Terrorvideos aus Trotz verbreitet. Zugleich beteuerte die Frau, sie habe mit den gesammelten Spenden humanitäre Hilfe leisten wollen, jedoch nicht gewusst, wie die „Geschwister“ dort das Geld einsetzen. Von der Jihad-Union habe sie das erste Mal im Zusammenhang mit der Verhaftung ihres Mannes Fritz Gelowicz gehört.
Zunächst habe sie keine Ahnung gehabt, warum er verhaftet worden war. Sie habe sich dann im Internet informiert, so seien andere auf sie aufmerksam geworden, beschrieb sie die Anfänge. Auf etliche Nachfragen des Gerichts gab die Angeklagte an, sie könne sich nicht mehr konkret erinnern. Fritz Gelowicz vom Oberlandesgericht Düsseldorf war im März zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte mit der „Sauerland“-Gruppe Anschläge in Deutschland geplant. Die Männer hatten in einer Ferienwohnung im Sauerland (Nordrhein-Westfalen) Sprengstoff hergestellt. Dort waren sie im September 2007 festgenommen worden.
Gelowicz hatte sich in seinem Prozess vom Terrorismus distanziert. Er und seine Komplizen waren 2006 in einem Terrorcamp der IJU ausgebildet worden. Laut Anklage soll die Frau mehrere tausende Euro für die Ausbildung terroristischer Kämpfer gesammelt und per Internet Mitglieder für Terrororganisationen geworben haben. Auch Kinder seien in Videos aufgefordert worden, den Umgang mit der Waffe zu erlernen.
Dazu sagte die Angeklagte in ihrer etwa drei Stunden langen Aussage, über die Rekrutierung von Waisenkindern habe sie sich keine Gedanken gemacht. „Egal welche Ausbildung sie bekommen, Hauptsache sie sind versorgt und es geht ihnen besser als auf der Straße.“ Das Spendengeld sei in Briefen ohne Absender an ihr Postfach in Ulm geschickt worden, sagte die Angeklagte. Sie habe dann eine Transfer-Nummer bekommen und das Geld an ein Konto überwiesen, dessen Inhaber sie ebenfalls nicht persönlich gekannt habe.
Alle Kontakte hätten sich im Internet abgespielt. Die erste Mail habe der unbekannte Kämpfer mit „Dein Bruder aus der Ferne“ unterzeichnet. In Mails habe sie auch erfahren, dass in einem afghanischen Dorf viele „deutschsprachige Geschwister“ lebten, die den Bau von Sprengstoff übten und für den Kampfeinsatz trainierten. Sie habe selbst dorthin ausreisen wollen, um zu helfen - mit Kochen und Kuchenbacken.
Der Mitangeklagte war an der österreichischen Grenze gestellt worden, als er mit Spenden nach Afghanistan reisen wollte. Der dritte Tatverdächtiger wird nach Angaben der Bundesanwälte noch im Dezember aus der Türkei ausgeliefert. Er war zunächst untergetaucht, nachdem er Haftverschonung bekommen hatte. Das Trio war im Februar in Ulm und Berlin festgenommen worden.