Friedrichs trotziger Abgang
Der CSU-Minister streitet persönliche Fehler im Fall Edathy ab. Der Druck wurde zu groß.
Berlin. Die letzte Verteidigungslinie des Landwirtschaftsministers hält nur fünf Stunden.
Am Freitagmittag erklärt Hans-Peter Friedrich noch, dass er mit einem Rücktritt abwarten will, ob die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen Geheimnisverrats ermittelt.
Um 17 Uhr tritt der CSU-Mann in seinem Ministerium dann vor die Kameras — und ab. Friedrich wirkt sogar gelöst, als er seine kaum eineinhalb Minuten dauernde Erklärung abgibt.
Er sei weiter überzeugt, im Fall Edathy im Jahr 2013 als Innenminister keinen Fehler begangen zu haben, sagt er. Aber der Druck auf ihn sei so gewachsen, dass er sein heutiges Amt nicht mehr richtig ausüben könne. Angela Merkel dankt ihm kurz danach mit einem Auftritt im Kanzleramt und drückt „großes Bedauern“ aus.
Vorausgegangen sind dramatische Stunden. Für Friedrich. Aber auch für die Kanzlerin. Morgens, als er sein Büro in der Wilhelmstraße gerade betreten hat, wird dem Minister schon ein Anruf Merkels angekündigt.
Im Kanzleramt hat man zu diesem Zeitpunkt die Presse-Lage studiert und weiß, dass es kaum jemanden im Lande gibt, der nicht findet, dass Friedrich in der Sache Edathy einen Geheimnisverrat begangen hat und zurücktreten muss. Angela Merkel will von ihrem Kabinettsmitglied wissen, was dran ist an den Vorwürfen. Sie ist, heißt es, nicht gerade gut gelaunt.
15 Minuten redet Friedrich mit der Kanzlerin, das Gespräch wird als „intensiv“ beschrieben. Merkel, so berichten Vertraute, habe den Minister dann darin „bestärkt“, eine Erklärung abzugeben mit dem Inhalt, dass er bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn sofort sein Amt zur Verfügung stellen werde. Es ist kaum mehr als ein Hinrichtungsaufschub. Aber die Dinge entwickeln sich dynamischer als gedacht.
Eine halbe Stunde nach dieser Erklärung meldet sich die Staatsanwaltschaft in Hannover mit zu Wort. Er sei „fassungslos“ angesichts der Vorgänge in Berlin, sagt ein sichtlich empörter Oberstaatsanwalt Jörg Fröhlich.
Gleichzeitig legt er seine bisherigen Erkenntnisse offen: Der niedersächsische SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy habe über das Internet von einem kanadischen Portal Videos und Fotosets von unbekleideten Jungen bestellt.
Und das mithilfe von Computern des Bundestages. Die Staatsanwälte haben das Material gesichtet. Edathy habe sich im „Grenzbereich“ zur Kinderpornografie bewegt. Deshalb habe man weiter ermittelt und schließlich vergangenen Montag die Büros durchsucht. Die Ausbeute sei allerdings „eher mager“ gewesen.
Hans-Peter Friedrich betont derweil in seiner Erklärung, er trete auch zurück, weil es an politischer Unterstützung fehle. Sein Abgang fällt trotzig aus. Die Uhr zeigt 17.01. „Auf Wiedersehen, ich komme wieder.“