Gabriel: Banken erpressen die Staaten
Berlin (dpa) - Angesichts immer neuer Rettungsaktionen für Banken will der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel die Finanzwirtschaft stärker regulieren und zur Kasse bitten. In einem Thesenpapier wirft er den Banken vor, Staaten zu erpressen und die Politik zu diktieren.
„Sie betreiben auch heute riskante Geschäfte, als hätte es die Finanzkrise 2008 nicht gegeben. Und wenn es schief geht, "bestellen" sie bei der Politik "Rettungspakete"“, kritisierte der SPD-Chef.
Gleichzeitig kündigte er an, die Bundestagswahl 2013 zu einer Entscheidung über die Bändigung des Banken- und Finanzsektors zu machen. Dem „Tagesspiegel am Sonntag“ sagte Gabriel: „Es muss endlich Schluss sein mit dem Verlust-Sozialismus im Bankensektor: Gewinne werden privatisiert und Verluste sozialisiert.“
Kritik an den Vorschlägen kam von Union und FDP. Unions-Fraktionschef Volker Kauder erinnerte daran, dass die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder den Bankensektor entfesselt habe. „Diejenigen, die die Schranken eingerissen haben, müssen uns jetzt nicht erklären, wie man die Schranken wieder aufbaut“, sagte der CDU-Politiker beim Parteitag der baden-württembergischen CDU in Karlsruhe.
FDP-Generalsekretär Patrick Döring sprach von einem „durchsichtigen Testballon“, um von der Diskussion über die Verantwortung der Politik für die Schuldenkrise abzulenken. Der Bankenverband warf Gabriel „flache Wahlkampfpolemik“ vor. „Es gibt hier keine einfachen vor allem aber keine kurzfristigen Lösungen. Die Bundesregierung leistet in der Staatsschuldenkrise und bei der Regulierung der Finanzmärkte wertvolle und gute Arbeit“, betonte der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Michael Kemmer.
Gabriel fordert in seinem Papier einen privatwirtschaftlichen Rettungsschirm der Banken untereinander. Dieser sogenannte Banken-ESM soll durch eine europaweite Bankenabgabe finanziert werden. Wenn trotzdem der Staat zur Rettung einspringen müsse, sollte der Staat auch Eigentümer werden, verlangt der SPD-Politiker. Nötig sei zudem ein europäisches Bankeninsolvenzrecht, das dafür sorge, „dass große Pleite-Banken auch pleitegehen können - ohne dass große Volkswirtschaften zusammenbrechen“.
Gabriel kritisierte, die Verabschiedung immer gewaltigerer Rettungspakete habe den Bundestag „längst in einen permanenten verfassungsrechtlichen Ausnahmezustand gezwungen“. Statt eine „wirksame, harte und kompromisslose Regulierung und Bändigung des Finanzsektors“ zu betreiben, beuge sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dem Druck und fordere marktkonforme Demokratien. „Nicht die Demokratie muss marktkonform werden, sondern die (Finanz-)Märkte demokratiekonform“, betont Gabriel.
Der SPD-Vorsitzende wirft den Banken zudem vor, Beihilfe zur Steuerkriminalität zu leisten und unanständig hohe Gehälter zu zahlen. Zudem warf der den Finanzinistituten vor, riskant mit dem Geld der Sparer zu spekulieren, ihre Kunden abzuzocken und sich nicht an Selbstverpflichtungen zu halten. Bankmanager will Gabriel künftig durch härtere Haftungsbedingungen stärker zur Rechenschaft ziehen. „Es kann nicht sein, dass kein einziger Banker hinter Gittern sitzt, weiter Kurse manipuliert werden und hoch riskante Geschäfte getätigt werden und kleine Leute selbst für's Schwarzfahren ins Gefängnis kommen“, sagte er dem „Tagesspiegel am Sonntag“.