Gauck: Widerstand gegen Hitler Vorbild für Einsatz gegen Unrecht
Berlin (dpa) - Bundespräsident Joachim Gauck hat den Widerstand gegen Adolf Hitler als Vorbild für den Kampf für Menschenwürde, Freiheit und Demokratie gewürdigt.
„Der 20. Juli (..) erinnert uns an das, was wir wollen, was wir können möchten und was wir leben sollten: mutig zu unseren Werten zu stehen“, sagte er am Sonntag in einer Feierstunde der Bundesregierung zum 70. Jahrestag des Anschlags auf den nationalsozialistischen Diktator vom 20. Juli 1944. „Dazu gehört, dass wir uns nicht mitschuldig machen, wenn anderen Unrecht geschieht.“ Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bescheinigte den Widerstandskämpfern „Tapferkeit in einem ganz besonderen Maß“.
Damals hatte eine Gruppe um den Wehrmachtsoffizier Claus Schenk Graf von Stauffenberg den Aufstand versucht. Aber Hitler überlebte die Explosion einer im „Führerhauptquartier“ deponierten Bombe. Noch in der Nacht wurden Stauffenberg und weitere Beteiligte hingerichtet. Insgesamt fielen rund 200 Mitverschwörer der Nazi-Justiz zum Opfer.
„Wir tragen Verantwortung für die Freiheit, die wir haben und unbedingt behalten wollen“, sagte Gauck. Zwar müssten im demokratischen Deutschland nicht die Fragen beantwortet werden, die jene zu wägen hatten, die unter Lebensgefahr im Widerstand gegen die Diktatur standen. Durch diese „Lichtgestalten der Geschichte“ dürfe man sich aber weder überfordern noch paralysieren lassen. „Auch in der Demokratie gibt es Werte, für die wir eintreten, und für die wir leben können. Für die wir Verantwortung übernehmen können“, mahnte Gauck. Die Erinnerung an damals lehre: „Wir haben eine Wahl zwischen Handeln und Untätigkeit, auch zwischen Reden und Schweigen.“
Gauck bescheinigte den Widerstandskämpfern, „ein in die Welt hinaus und in die Zukunft hineinwirkendes Zeichen“ gesetzt zu haben. Der 20. Juli habe wie die anderen Widerstandsversuche gegen das NS-Regime auch moralische und politische Bedeutung. Die Bundesrepublik habe daraus Legitimation geschöpft, als sie die Bedeutung des militärischen Widerstands begriffen hatte. Wegen dieses moralischen Erbes, von dem Deutschland bis heute zehre, könne er sagen: „Ich bin stolz auf eine Bundeswehr, die sich nicht auf obrigkeitsstaatliche Traditionen beruft, sondern auf Widerstand gegen das Unrecht.“
Im Anschluss legte Gauck begleitet von Bundeswehr-Generalinspekteur Volker Wieker an jenem Ort im Berliner Bendlerblock einen Kranz nieder, an dem Stauffenberg in der Nacht zum 21. Juli 1944 gemeinsam mit drei weiteren Widerstandskämpfern hingerichtet worden war. Später gedachten er und andere Repräsentanten des Staates an der Berliner Gedenkstätte Plötzensee des deutschen und internationalen Widerstands. Zwischen 1933 und 1945 waren dort fast 3000 Menschen nach Unrechtsurteilen der NS-Justiz hingerichtet worden.
Verteidigungsministerin von der Leyen sagte bei einem feierlichen Gelöbnis von etwa 430 Bundeswehrsoldaten, Oberst von Stauffenberg und seine Mitstreiter seien „eingestanden gegen die Auswüchse einer menschenverachtenden Diktatur - gegen Willkür und Tyrannei, für das Recht und die Freiheit“. Sie hätten erkannt: „Nicht der blinde Gehorsam, nicht das Nichtstun, nicht das Abwarten war das Gebot der Stunde, sondern das Widerstehen, das Handeln, die Tat.“
Auch Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker bescheinigte den Widerstandskämpfern vom 20. Juli 1944, sie hätten Maßstäbe gesetzt. „Sie bleiben Vorbild. Auch nach 70 Jahren. Und weit darüber hinaus“, schrieb er in einem Gastbeitrag für die „Bild am Sonntag“. Weizsäcker nahm wie der frühere Bundespräsident Christian Wulff an der Gedenkveranstaltung teil.