Geld an Pflegebedürftige soll schneller fließen
Berlin (dpa) - Drohende Strafen für die Pflegekasse sollen nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) das Geld an Pflegebedürftige in Zukunft rasch fließen lassen.
Menschen, die pflegebedürftig werden, seien wie ihre Angehörigen in einer schwierigen Lage, sagte Bahr am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. „Sie haben Anspruch auf schnelle Hilfe, Verzögerungen sind eine Belastung.“ Deshalb sollen für die Pflegekassen Strafzahlungen von zehn Euro täglich an die Betroffenen fällig werden, wenn sie sich länger als die vorgeschriebenen fünf Wochen mit dem Bescheid Zeit lassen.
„Ich höre immer wieder Unmut von Betroffenen, dass Entscheidungen zu lange dauern“, sagte Bahr. „Deshalb ist es mir wichtig, dass mit dem Gesetz die Rechte der Betroffenen bei der Antragstellung und in der Beratung gestärkt werden.“ Die Kassen sollten insgesamt Dienstleister der Versicherten sein.
Laut einer Statistik des für die Begutachtung zuständigen Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) wird fast jeder dritte Antrag nicht binnen vier Wochen bearbeitet. Da unter anderem noch der Versand hinzukommt, gehen Experten von einem häufigen Überschreiten der Fünf-Wochen-Frist aus. Die Kassen weisen aber unter Berufung auf den aktuellen Pflegebericht der Regierung darauf hin, dass die Erstbegutachtung im ambulanten Bereich auf im Schnitt 24 Tage und für künftige Heimbewohner auf 16 Tage gesunken sei. „Diese Zahlen zeigen, dass es keine neue Strafzahlungsbürokratie braucht, um die Ergebnisse zu verbessern“, sagte Verbandssprecher Florian Lanz.
Zudem sollen die Pflegekassen laut dem Ministeriumsentwurf für die schwarz-gelbe Pflegereform neben dem MDK auch andere unabhängige Gutachter mit der Prüfung von Pflegebedürftigkeit beauftragen können. Auch das soll eine Beschleunigung bringen. Künftig sollen Berater der Kassen zudem auf Wunsch binnen zwei Wochen zu den Pflegebedürftigen nach Hause kommen.
Unterdessen wurde bekannt, dass die Beratungsangebote in dem Bereich weniger stark ausgebaut sind als dies mit der jüngsten Pflegereform 2008 geplant war. Damals wurde der Startschuss für Pflegestützpunkte gegeben. Bedürftige und Angehörige sollten hier unkompliziert Anlaufstellen zur Beratung und Begleitung finden. Wären die gewährten 60 Millionen Euro an Förderung voll verwendet worden, hätte es 1200 solcher Stützpunkte zwischen Ostsee und Alpen gegeben. Tatsächlich wurden bis zur jüngsten Erhebung im Juni nur in 353 Fällen solche Anlaufstellen gefördert oder geplante Stützpunkte geprüft, wie aus dem neuen Regierungsbericht hervorgeht.
Mit ihrer Reform wollen Union und FDP vor allem vielen der rund 1,2 Millionen Dementen unter die Arme greifen, die heute keine oder nur eine geringe Hilfe aus der Pflegeversicherung erhalten. Die Linke-Pflegeexpertin Kathrin Senger-Schäfer warf Bahr „Flickschusterei“ vor. Der angekündigte große Wurf sei ausgeblieben.
Noch keinen Zeitplan gibt es für die vor allem von der FDP geforderten und nun im Grundsatz geplanten steuerlich geförderten Zusatzversicherungen für den Pflegefall. Gesundheits- und Finanzministerium verhandeln noch darüber. „Zur Ausgestaltung der künftigen Regelung und zum Zeitplan sind deshalb noch keine belastbaren Angaben möglich“, sagte ein Sprecher des Finanzressorts der dpa.