Genitaluntersuchung bei jungen Flüchtlingen in Hamburg

Hamburg (dpa) - Für eine genauere Altersbestimmung von jungen Flüchtlingen lässt Hamburg im Zweifelsfall auch Genitalien und Brustdrüsen ärztlich begutachten.

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Die Untersuchung solle klären, ob die Flüchtlinge wie behauptet minderjährig seien, heißt es in der Antwort des Senats auf eine Anfrage der FDP. Der Test sei freiwillig. Die Partei forderte am Mittwoch, die „hochnotpeinliche Intimuntersuchung“ künftig zu unterlassen.

Die Sozialbehörde betonte, im Zweifel gebe die Intimuntersuchung nicht den Ausschlag. Im Zentrum der Überprüfung stehe das Röntgen des Kiefers, bei Bedarf auch der Handwurzel sowie eine Untersuchung des Schlüsselbein-Brustbein-Gelenks per Röntgen oder zusätzlicher Computertomographie, sagte ein Behördensprecher. Weigere sich der junge Mensch lediglich, sich freizumachen, führe das nicht dazu, dass er als volljährig eingestuft werde.

Minderjährige Flüchtlinge haben besondere Rechte: Sie werden von der Jugendhilfe betreut, dürfen zur Schule gehen und sind vor Abschiebung geschützt.

Von 2012 bis Ende Mai 2015 haben sich in Hamburg 5415 Flüchtlinge als minderjährig und unbegleitet gemeldet. In einem Gespräch versuchen dann Sozialpädagogen zu klären, ob die Angaben zutreffen. Danach wurden 1685 als minderjährig eingestuft und 1644 zur näheren Untersuchung ans Universitätsklinikum Eppendorf geschickt. Bei 601 bestätigte sich dort die Minderjährigkeit. Viele Flüchtlinge erschienen aber nicht zur Untersuchung.

Nach Angaben der Sozialbehörde reichen in den meisten anderen Kommunen Zweifel an der Minderjährigkeit der Flüchtlinge, um sie den Erwachsenen zuzuordnen. Insofern sei das Verfahren in Hamburg gründlicher. Am Ende der Begutachtung stehe eine Altersspanne, also zum Beispiel zwischen 17 und 19 Jahren. „Dann gehen wir immer vom niedrigeren Wert aus“, sagte Sprecher Marcel Schweitzer. Können die Zweifel durch die Untersuchung nicht ausgeräumt werden, wird die Person als volljährig eingestuft und kommt in eine Unterkunft für Erwachsene.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, äußerte sich kritisch. Die Genitaluntersuchung verletze die Privatsphäre des Menschen, sagte er der „Tageszeitung“. Röntgenuntersuchungen zur Altersbestimmung lehnte er im „Hamburger Abendblatt“ kategorisch ab.