Banken Stress Test Gerke: "Die Finanzkrise ist nicht gebannt"
Bankenexperte Gerke hält Banken-Test für wenig realistisch.
Berlin. Die Konjunktur im Sturzflug, die Immobilienpreise im Keller - wie würden die europäischen Banken auf dieses Szenario regieren? Im jüngsten Stresstest der Europäischen Bankenaufsicht schneiden die Geldinstitute weitgehend positiv ab. Der Präsident des "Bayerischen Finanz Zentrums", Wolfgang Gerke, warnt jedoch vor falschen Illusionen. Mit dem Bankenexperten sprach unser Korrespondent Stefan Vetter:
Herr Gerke, anders als vor zwei Jahren haben diesmal alle Banken den Test bestanden. Test gut, alles gut?
Wolfgang Gerke: Auf keinen Fall ist die Finanzkrise dadurch gebannt. Es sieht im Gegenteil sehr düster aus, wenn man etwa auf das italienische Bankensystem blickt. So lange die italienische Konjunktur nicht wieder in ruhiges Fahrwasser kommt, leiden die Banken dort an notleidenden Krediten. Dabei handelt es sich um Kredite an krisengeschüttelte Unternehmen, die zum Teil schon nicht mehr bedient werden.
Muss am Ende auch der deutsche Steuerzahler für italienische Banken herhalten?
Wolfgang Gerke: Die Gefahr ist da, aber sie ist zumindest kurzfristig abgewehrt, weil man italienische Banken über den Kapitalmarkt sanieren will. Wir dürfen uns jedoch keine Illusionen machen. Eine europäische Finanzkrise würde jeden in Europa treffen. Als Trost bleibt, dass die europäischen Banken hochriskante Engagements zurück gefahren haben.
Auch zwei deutsche Geldinstitute, die Deutsche Bank und die Commerzbank, sind relativ schlecht weg gekommen. Woran liegt das?
Wolfgang Gerke: Der Deutschen Bank machen milliardenschwere Prozesskosten zu schaffen. Besonders in den USA, in denen sie gegen die Anlegerschutzbestimmungen verstoßen hat. Die Commerzbank leidet immer noch unter den Folgen des misslungenen Zusammenschlusses mit der Dresdner Bank. Für beide Geldinstitute gilt aber, selbst wenn sie ihre Altlasten bewältigt haben, dass sie dringen mehr Geld verdienen, also eine höhere Rendite erzielen müssen. Da sind zum Beispiel amerikanische Banken schon wesentlich weiter. Ohne höhere Rendite kann man keine Dividenden ausschütten und sich schwerlich am Markt Kapital besorgen.
Ist die Existenz der beiden Banken in Gefahr?
Wolfgang Gerke: Die Zahlen sind im Moment sicher sehr schlecht. Auch ihre Reputation hat gelitten. Dennoch würde ich für beide Institute positiv in die Zukunft sehen, denn sie sind gut im europäischen Markt platziert. Und sie haben das Potenzial, kräftiger in die Gewinnzone zu kommen. Auch, wenn das sehr schwer wird.
Für den Bankentest wurden keine sinkenden, sondern steigende Zinsen zugrunde gelegt, was derzeit sehr unrealistisch ist. Was ist diese Expertise dann eigentlich wert?
Wolfgagng Gerke: Ja, das ist ein großer Mangel. Und der hat mit den Interessen der Europäischen Zentralbank zu tun. Auf der einen Seite betreibt die EZB Geldpolitik und auf der anderen Seite betätigt sich mit als Bankenaufseher. Die EZB mit ihrer Niedrigzinspolitik wollte kein falsches Signal setzen. Dabei sind die niedrigen Zinsen für die Banken tatsächlich ein großes Problem.
Dann hätte man sich den Test auch sparen können?
Wolfgang Gerke: In wichtigen Fragen ist dieser Test sicher wertlos. Es ist eine Krisenszenario durchgespielt worden, dass nicht die schlimmste Stress-Situation widerspiegelt. Aber die Aussagen etwa über die Schwierigkeiten italienischer Banken sind deshalb nicht hinfällig.