Gesetz soll Vereinbarkeit von Pflege und Beruf verbessern
Berlin (dpa) - Eine zweijährige Familienpflegezeit sowie eine bezahlte Auszeit von zehn Tagen sollen Arbeitnehmern die Pflege eines schwer kranken Angehörigen erleichtern. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstag ein entsprechendes Gesetz mit der Mehrheit der großen Koalition.
Künftig gibt es nicht nur die Möglichkeit, für sechs Monate komplett aus dem Job auszusteigen, sondern auch einen Rechtsanspruch auf 24 Monate Familienpflegezeit. Während dieser kann ein Beschäftigter seine Wochenarbeitszeit auf bis zu 15 Stunden reduzieren.
Dieser Rechtsanspruch gilt aber nur in Unternehmen mit mindestens 25 Beschäftigten. Ursprünglich war eine Untergrenze von 15 Mitarbeitern vorgesehen, doch diese Marke wurde auf Druck aus der Wirtschaft in letzter Minute angehoben. Für diese Einschränkung gab es massive Kritik aus der Opposition. Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz beklagte, ein Viertel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten werde so von der Familienpflegezeit ausgeschlossen.
Bei einem plötzlichen Pflegefall in der Familie können Arbeitnehmer wie schon bisher kurzfristig zehn Tage lang pausieren, um die notwendige Pflege zu organisieren. Während es bislang allerdings nur eine unbezahlte Auszeit gab, wird in diesen zehn Tagen künftig ein Lohnersatz gezahlt, für den jährlich rund 100 Millionen Euro aus der Pflegeversicherung bereitstehen sollen. Neu ist auch der Anspruch auf ein zinsloses Darlehen, das während der monatelangen Pflegezeiten das fehlende Einkommen ausgleichen soll.
Doch weil das Darlehen zurückgezahlt werden muss, stößt diese Regelung ebenfalls auf Widerspruch. Der ostdeutsche Wohlfahrtsverband Volkssolidarität erklärte, für Familien mit geringem Einkommen bringe dies kaum Erleichterungen. Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz beklagte im rbb-Inforadio, die finanzielle Last trage auch weiterhin nur der Beschäftigte.
Deutliche größere Kritik gab es aber an der Entscheidung der Koalition, die Pflegezeit-Regelung auf Betriebe ab 25 Mitarbeitern zu begrenzen. Elisabeth Scharfenberg von den Grünen sagte, in 90 Prozent der Betriebe gelte damit der zugesagte Rechtsanspruch nicht. Pia Zimmermann von der Linken ergänzte, sieben Millionen Arbeitnehmer würden so ausgeschlossen.
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) verteidigte hingegen die Regelung als „gute Balance zwischen den Interessen von kleinen Betrieben und von Familien“. Im Gegensatz zu größeren Unternehmen hätten Kleinbetriebe oft Schwierigkeiten, für 24 Monate einen Ersatz zu finden. Unterstützung findet Schwesig bei der Caritas. Deren Präsident Peter Neher ist sich trotz einiger Kritikpunkte sicher: „Das Gesetz wird die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege deutlich verbessern.“