Gesucht — eine Therapie gegen Ärztefehler

Patienten sollen Mediziner einfacher in Haftung nehmen können. Der Erfolg ist fraglich.

Berlin. Eine 42 Jahre alte Frau ging mit Brustschmerzen in ein Krankenhaus. Dort schnitten ihr Operateure einen Tumor heraus. Die Wunde entzündete sich. Gutachter stellten später fest: Die Klinik stellte die falsche Diagnose.

Ursache der Schmerzen war von Anfang an eine Entzündung der Brustdrüse. Drei Tage Behandlung hätten gereicht, der gutartige Tumor hätte bleiben können. Es ist nur einer von zehntausenden Fällen von Ärztepfusch. Nun sollen Patienten leichter Geld, Recht und Genugtuung bekommen.

Zunächst einmal bleibt Vieles mit dem geplanten Gesetz beim Alten. Ein Patient, der sich als Opfer sieht, muss selbst aktiv werden. „Er muss belegen, wenn er Ansprüche gegen den Arzt geltend macht“, sagt Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).

Ärzte sind bei groben Fehlern nun per Gesetz zur Beweisführung verpflichtet, dass ihr Tun nicht Ursache eines Schadens war. Aber ist das nicht schon gängige Praxis aufgrund von Urteilen? Die Justizministerin räumt das ein — aber es mache einen Unterschied, dass diese Beweislast-umkehr nun im Gesetz stehe.

Sollten nicht die Ärzte generell beweisen, dass sie nicht gepfuscht haben? „Ich möchte keine amerikanischen Verhältnisse, bei denen der Arzt als erstes schaut, was bedeutet das für mein Risiko“, hält Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) dem entgegen. Viele Ärzte sind nicht ausreichend haftpflichtversichert.

Heute bekommen Patienten oft kein oder nur spät Recht, wenn sie sich überhaupt darum bemühen. Was das nun im Kabinett beschlossene Gesetz daran ändert, ist offen.

Ansetzen will die Koalition an vielen Stellen: mit besserer Aufklärung der Patienten vor einer Therapie; mit offiziell festgeschriebenem Recht auf Akteneinsicht; mit der Pflicht der Krankenkassen, den Versicherten etwa mit Gutachten bei Schadenersatzforderungen zu helfen.

Das Gesetz leiste „einen Beitrag, aber der Beitrag könnte sehr viel größer sein“, sagt der Geschäftsführer des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, Hardy Müller. Die Sicherheitskultur müsse wachsen. Wichtig seien etwa Schulungen für die richtige Desinfektion der Hände beim medizinischen Personal, Broschüren für die angemessene Reaktion auf unerwartete Zwischenfälle — einfache, aber wirksame Schritte.