Jahresbericht Großbaustelle Bundeswehr - Verbesserung bei Personal und Material ausgeblieben

Berlin · Der Wehrbeauftragte zeichnet ein negatives Bild der Armee. Der Mangel an Personal und einsetzbarer Ausrüstung stellt die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr in Frage.

Hans-Peter Bartels (SPD), Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages,stellte seinen Jahresbericht zum Zustand der Bundeswehr vor.

Foto: dpa/Gregor Fischer

Die Aufgaben für die Bundeswehr wachsen, die Folgen des früheren Kaputtsparens sind noch lange nicht überwunden. Dabei sind bei der schleppenden Modernisierung der deutschen Streitkräfte viele Probleme hausgemacht, wie der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels in seinem Jahresbericht feststellt. Ein Novum dabei: Der SPD-Politiker steht auch selbst auf dem Prüfstand.

Personal: Ende vergangenen Jahres hatte die Bundeswehr 183 667 Soldaten, darunter 175 330 Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit. Das vom Ministerium selbst gesteckte Ziel sei erreicht, so Bartels. Bei der Zahl der Bewerbungen gebe es aber das zweitschlechteste Ergebnis seit Aussetzung der Wehrpflicht 2011. In der Folge ist das Durchschnittsalter von 30,3 Jahren (2012) auf 32,3 im vergangenen Jahr gestiegen und nun ähnlich hoch wie in Großbritannien (32 Jahre) und Frankreich (33 Jahre).

Klagen zum Nachwuchs kommen aus der Bundeswehr selbst: „Bei Truppenbesuchen wird nicht selten von Vorgesetzten, Kompaniefeldwebeln oder Ausbildern bemängelt, die ‚Qualität’ der Soldaten sei schlechter geworden, vereinfacht gesagt, sie seien ‚dicker, schwächer und dümmer’ als früher“, schreibt Bartels. Das Verteidigungsministerium räume ein, dass es weniger Ausmusterungen insbesondere in Bezug auf Übergewicht und früheren Drogenkonsum gebe.

Beschaffungswesen: Das zentrale Erfordernis für eine moderne und vollständig ausgerüstete Bundeswehr bleibe eine schnellere Beschaffung. Bartels hält einen „Paradigmenwechsel“ für nötig. „Das meiste, was unsere Streitkräfte an Ausrüstung brauchen, vom Rucksack bis zum leichten Verbindungshubschrauber, muss nicht immer wieder erst in umständlichen ‚funktionalen Fähigkeits-Forderungen’ abstrakt definiert, dann europaweit ausgeschrieben, neu erfunden, vergeben, getestet, zertifiziert und dann in kleinen Tranchen über 15 Jahre hinweg in die Bundeswehr ‚eingeführt’ werden“, beschreibt er.

Extremismus/Kriminalität: Im Bereich Rechtsextremismus gab es im vergangenen Jahr 197 „meldepflichtige Ereignisse“ – eine Steigerung gegenüber den Vorjahren (2018: 170, 2017: 167). Gestiegen ist die Zahl „meldepflichtiger Ereignisse“ wegen Verdachts auf Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Im Jahr 2019 wurden 345 Vorfälle registriert (2018: 288, 2017: 235).

Finanzen: Zwar sei der Verteidigungsetat von 32,4 Milliarden Euro im Jahr 2014 auf 43,2 Milliarden im Jahr 2019 gewachsen – zuletzt sogar so kräftig wie nie zuvor binnen eines Jahres. Doch nicht alles fließe in die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte, so der Wehrbeauftragte. Im vergangenen Jahr seien allein sechs Milliarden Euro in Personaldienstleistungen ehemaliger Soldaten geflossen – „Tendenz steigend“. dpa