OECD-Studie Gute Bildungsnoten mit einigen Abstrichen

Investitionen für Schulen, gute Berufsausbildung, viele gute Abschlüsse: Deutschland steht gut da bei der Bildung. Doch mehr als jeder Zehnte ist abgehängt - und bleibt ohne Abitur oder Ausbildung.

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Berlin (dpa) - Der überwiegende Teil der Jugendlichen in Deutschland nutzt die guten Chancen durch Bildung und Ausbildung für seine berufliche Karriere. So gehen in kaum einem anderen Land so viele junge Leute zur Schule, sind in Ausbildung oder haben einen Job wie in Deutschland.

Trotzdem haben weiterhin viele nur schlechte Chancen: Der Anteil junger Menschen ohne qualifizierten Abschluss stagniert seit Jahren. Das zeigt die in Berlin präsentierte OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“.

Der OECD-Bildungsexperte Andreas Schleicher nannte den „reibungslosen Übergang“ von Ausbildung in Beruf die „herausragendste Stärke des deutschen Bildungssystems“. Höhere Einkommen und niedrige Arbeitslosigkeit zeigten, „dass sich Bildung lohnt“. Das Problem der vielen Niedrigqualifizierten bleibe aber ungelöst - sie hätten schlechtere Lebenschancen. Für Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) ist das Bildungssystem stabil und leistungsfähig. „Noch eine ganze Menge Luft nach oben“ gebe es aber bei der Bildungsgerechtigkeit. Die Ergebnisse der OECD-Studie im Einzelnen:

ÜBERGANG VON SCHULE IN BERUF: Nur 8,6 Prozent der 15- bis 29-Jährigen waren 2015 nicht in Bildung, Ausbildung oder Beschäftigung - der niedrigste Anteil in den OECD-Ländern nach Island, den Niederlanden, der Schweiz und Luxemburg (6,2 bis 8,4 Prozent). Der OECD-Durchschnitt beträgt 14,6 Prozent. Die Gründe: die gute Wirtschaftslage und die als vorbildlich anerkannte berufliche Bildung. Zehn Jahre zuvor hatte der Anteil der Menschen ohne Schule, Ausbildung oder Job in Deutschland mit 14,7 Prozent noch fast auf dem seither fast unveränderten OECD-Schnitt gelegen.

GERINGQUALIFIZIERTE: Ohne abgeschlossene Berufsausbildung oder Abitur sind 13 Prozent der heute 25- bis 34-Jährigen. Hier gibt es wenig Erfolge - bei den 55- bis 64-jährigen sind es 14 Prozent. In anderen Ländern verringerte sich der Anteil der Geringqualifizierten in den vergangen 30 Jahren deutlich: in Österreich etwa von 23 auf 10, in der Schweiz von 16 auf 8 Prozent. Der Anteil derer selbst ohne Hauptschulabschluss verringerte sich in den vergangenen Jahren laut Wanka auf 5,8 Prozent. Problem: Nur in sechs anderen Ländern haben Kinder von Eltern mit schlechter Bildung noch weniger Chancen, selbst einen Uniabschluss zu schaffen.

FRÜHKINDLICHE BILDUNG: Sie ist laut Schleicher für mehr Chancen für Kinder aus bildungsfernen Familien besonders wichtig. Hier hat sich viel getan: 94 Prozent der Dreijährigen gehen in Kita oder Kindergarten - im OECD-Schnitt sind es nur 71 Prozent.

FINANZIERUNG: Zwischen 2008 und 2013 erhöhte Deutschland trotz sinkender Schülerzahlen seine Bildungsausgaben. 4,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes fließen in Bildungsinstitutionen - im OECD-Mittel sind es 4,8 Prozent. Auch für Hochschulen gab es einen Ausgabenanstieg - er hält aber nicht Schritt mit den steigenden Studentenzahlen. Auffällig: Ausgerechnet für Kitas müssen die Eltern mehr zahlen als im OECD-Schnitt - der Privatanteil: ein Viertel.

LEHRER: Jeder zweite Lehrer von Haupt- und Realschulen ist über 50 Jahre alt (OECD-Schnitt: 34 Prozent, Sekundarstufe 1), an den Gymnasien sind es 43 Prozent (OECD: 38 Prozent). Die Bezahlung erfahrener Lehrer entspricht zwar der anderer qualifizierter Berufe. Nachholbedarf sieht die OECD aber bei Weiterbildung, Zeit für individuelle Schülerförderung und Feedbackkultur für Lehrer.

ABSCHLÜSSE: 87 Prozent der 25- bis 64-Jährigen haben mindestens einen Abschluss von Gymnasium, Berufsschule oder Abendschule. Der Anteil junger Erwachsener mit akademischen oder höheren beruflichen Abschlüsse stieg zwischen 2005 und 2015 von 22 auf 30 Prozent. Im OECD-Mittel stieg er in diesem Zeitraum von 32 auf 42 Prozent an.

EINKOMMEN: Mehr Bildung bringt mehr Geld. Handwerksmeister erhalten zum Beispiel im Schnitt 26 Prozent mehr Gehalt als jemand nur mit Abitur oder einfacher Berufsausbildung. Ein Studium bringt sogar noch deutlich mehr.