Gysi: Die Vereinigung der Linken ist noch nicht gelungen

Berlin (dpa) - Auch nach fünf Jahren ist die Fusion der Linken in Deutschland nach den Worten von Bundestags-Fraktionschef Gregor Gysi keine Erfolgsgeschichte. „Die Vereinigung ist bisher nicht gelungen“, sagte Gysi der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin.

Sein Stellvertreter in der Fraktion, Dietmar Bartsch, bekräftigte im „Spiegel“ Vorwürfe, dass in der Fraktion „Hass“ und „pathologische Zustände“ herrschten.

„Das ist leider zutreffend“, sagte Bartsch, der sich auf dem Göttinger Bundesparteitag vergeblich um den Linke-Vorsitz beworben hatte. Eine Spaltung der Partei müsse vermieden werden. Bartsch: „Sie würde den Tod der Linken bedeuten.“ Auf dem Parteitag Anfang Juni hatte sich das radikale Lager um den früheren Parteichef Oskar Lafontaine bei der Wahl der neuen Doppelspitze gegen die ostdeutschen Reformer durchgesetzt.

Der neue Bundesvorsitzende der Linken, Bernd Riexinger, rief bei seinem ersten Besuch eines Ost-Landesverbandes am Sonntag in Berlin seine Partei dazu auf, zur Sacharbeit zurückzukehren. „Die Partei muss dringend wieder politikfähig sein“, sagte der Gewerkschafter aus Baden-Württemberg, der sich in Göttingen in einer Kampfabstimmung gegen Bartsch durchgesetzt hatte. Debatten um Personen und Ost und West müssten aufhören. „Ich bin wirklich sehr gerne hier“, sagte Riexinger unter freundlichem Applaus der Delegierten. Die Ost-Landesverbände hatten alle die Bewerbung von Bartsch unterstützt.

Gysi sieht in der neuen Doppelspitze von Katja Kipping aus Sachsen und Riexinger die Chance, den derzeitigen Tiefpunkt mit Umfragewerten von bundesweit unter 5 Prozent zu überwinden. Die Offenheit auf dem Parteitag in Göttingen vor einer Woche könne eine „eine faire Vereinigung“ jetzt möglich machen. Er mahnte aber zur Eile: „Wir haben alles, aber wenig Zeit. Es muss jetzt ruck-zuck gehen.“

Mit dem Mitbegründer der Linken, Lafontaine, will sich Gysi an diesem Donnerstag in Berlin zu einem Klärungsgespräch treffen. Das Verhältnis gilt als beschädigt, weil Lafontaine für seine Kandidatur zum Parteivorsitz den Ausschluss einer Gegenkandidatur in Göttingen verlangt hatte und auf einen Kompromissvorschlag Gysis nicht eingegangen war. Vor allem ostdeutsche Mitglieder fühlten sich an SED-Zeiten erinnert.

An die von ihm geführten Bundestagsabgeordneten richtete Gysi den eindringlichen Appell, sich auf ihren politischen Auftrag zu besinnen statt sich zu bekriegen. „Die Abgeordneten werden nicht dafür bezahlt, irgendwelche konträren Standpunkte untereinander auszutragen, sondern dafür, dass sie die Interessen der Bürgerinnen und Bürger vertreten“, sagte Gysi. Er kommt an diesem Dienstag erstmals nach dem Parteitag wieder mit der Fraktion zusammen. Gysi hatte von Hass und Arroganz in den eigenen Reihen gesprochen.

Als große Chance für die Partei sieht Gysi die Zusammensetzung des neuen Vorstands, der einen besseren Ausgleich zwischen den Flügeln und Strömungen ermögliche. „Mir haben vor allem zwei Sätze von Bernd Riexinger gefallen: Er sagte, bei ihm werde nicht durchgestellt, sondern geredet, und dass er vor der Leistung der sechs ostdeutschen Landesvorsitzenden höchsten Respekt habe und ihnen zuhören wolle. Mein Gott, es war so hohe Zeit, dass das mal gesagt wurde.“

Bartsch wehrte sich gegen Vorwürfe aus dem Lafontaine-Lager, er biedere sich bei der SPD an: „Auch Oskar Lafontaine hätte schon 2009 gern eine Koalition im Saarland gemacht.“ Nicht nur die Linke, auch Sozialdemokraten sollten sich für eine Zusammenarbeit offen zeigen.: