Hamburg wählt - SPD-Sieg wahrscheinlich
Hamburg (dpa) - Hamburg steht nach knapp zehn Jahren CDU-geführter Regierung vor einem Machtwechsel. Für die Bürgerschaftswahl am Sonntag sagen Demoskopen der SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Olaf Scholz einen so hohen Sieg voraus, dass sogar eine absolute Mehrheit möglich scheint.
Der CDU mit Bürgermeister Christoph Ahlhaus droht dagegen das schlechteste Ergebnis seit Kriegsende. Die Grünen - wegen ihres Ausstiegs aus Deutschlands erster schwarz-grüner Koalition auf Landesebene für die vorgezogene Wahl verantwortlich - hoffen auf eine weitere Regierungsbeteiligung. FDP und Linke bangen um ihren Einzug in die Bürgerschaft. Am Samstag schlossen die Parteien den Wahlkampf mit kleineren Aktionen ab.
Die Bürgerschaftswahl ist Auftakt des Superwahljahrs 2011 mit sieben Landtagswahlen. Höhepunkt wird der 27. März mit den Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sein. Vor allem ein Misserfolg der CDU/FDP-Landesregierung in Stuttgart könnte auch bundespolitische Auswirkungen haben.
In Hamburg sind rund 1,3 Millionen Bürger aufgerufen, über die Verteilung der 121 Sitze im Landesparlament zu entscheiden. Bisher ist neben CDU, SPD und Grünen (in Hamburg GAL) auch die Linke in der Bürgerschaft vertreten. Bei der Wahl 2008 kamen sie auf 42,6 (CDU), 34,1 (SPD), 9,6 (GAL) und 6,4 Prozent (Linke). Die FDP scheiterte wie schon 2004 an der Fünf-Prozent-Hürde.
Die letzte Umfrage vor der Wahl vom Donnerstag (GMS im Auftrag von Sat.1) sah die SPD bei 43 Prozent, die CDU bei 25, die GAL bei 15, die Linke bei 6 und die FDP bei 5 Prozent. Zuvor hatte die Forschungsgruppe Wahlen (ZDF) für die SPD sogar 46 Prozent ermittelt. Die CDU kam hier auf 23 Prozent, die GAL auf 14,5, die Linke auf 6 und die FDP auf 5 Prozent. Der Wiedereinzug der Linken mit ihrer Spitzenkandidatin Dora Heyenn in die Bürgerschaft scheint damit wahrscheinlich. Die FDP mit ihrer Frontfrau Katja Suding muss hingegen erneut bangen. Scholz plädiert für Rot-Grün, falls er die absolute Mehrheit verpasst.
Die Wähler in der Hansestadt können wegen eines neuen Wahlrechts erstmals zehn Stimmen abgeben - je fünf Stimmen für die Landeslisten der Parteien und für ihren Wahlkreis. Diese können sie auf mehrere Parteien und Kandidaten verteilen oder häufeln und so mehr Einfluss auf die Zusammensetzung des Landesparlaments nehmen. Weitere zehn Stimmen haben sie für die gleichzeitig stattfindenden Wahlen zu den Bezirksversammlungen. Das Auszählen wird laut Landeswahlamt viel Zeit in Anspruch nehmen. Deswegen wird auch mit ersten Hochrechnungen am Sonntagabend erst gegen 20.00 Uhr gerechnet. Ein vorläufiges Ergebnis zur Verteilung der Sitze wird gegen Mitternacht erwartet.
Dem Beschluss der Bürgerschaft zu Neuwahlen nach nur drei Jahren war der Bruch der CDU/GAL-Koalition im November vergangenen Jahres vorausgegangen. Nach dem Rücktritt des Bürgermeisters Ole von Beust (CDU) im Sommer versuchte das Bündnis unter Führung des ehemaligen Innensenators Ahlhaus vergeblich einen Neustart. Die GAL begründete den Bruch der Koalition nach nur 96 Tagen seit dem Amtsantritt von Ahlhaus mit fehlendem Vertrauen. Kritiker warfen ihr dagegen vor, an den guten Umfragewerten der Grünen im Bund und den anderen Ländern partizipieren zu wollen.
Gewählt werden in diesem Jahr außerdem die Landesparlamente in Sachsen-Anhalt (20. März), Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz (27. März), Bremen (22. Mai), Mecklenburg-Vorpommern (4. September) und Berlin (18. September).