Hartz-IV-Einigung noch in weiter Ferne

Berlin (dpa) - Im Ringen um die Hartz-IV-Neuregelung wachsen die Zweifel an einer raschen Lösung. Es gibt zwar erste Fortschritte bei den geplanten Bildungshilfen für die rund 2,5 Millionen Kinder von Langzeitarbeitslosen und Geringverdienern.

Doch Koalition und Opposition kamen sich bei dem mehr als sechsstündigen Gespräch in der Nacht zum Dienstag bei der Berechnung des Hartz-IV-Regelsatzes und der fairen Entlohnung für Leiharbeiter erneut nicht näher.

Erschwert wird ein Kompromiss zudem durch Spannungen im schwarz-gelben Regierungslager. Während sich vor allem die CSU und teils auch die CDU beim Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ bei Leiharbeit langsam der SPD-Position annähern, sperrt sich hier die FDP.

Koalition und Opposition streben nach eigenem Bekunden dennoch eine Entscheidung bis zur nächsten Bundesrats-Sitzung am 11. Februar an. Die stockenden Bund-Länder-Gespräche wurden zunächst für eine „Denkpause“ auf den 6. Februar vertagt. Nach Angaben von Bundesarbeitsminsterin Ursula von der Leyen (CDU) sind bis dahin noch schwierige juristische Fragen zu lösen. SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig machte für die Vertagung allerdings die Spannungen innerhalb der Koalition verantwortlich.

Unter Umständen muss für die Finanzierung der Bildungshilfen das Grundgesetz geändert werden. Einigkeit besteht inzwischen darüber, dass die Kommunen für Mittagessen, Nachhilfe, Vereinsbeteiligung und die Finanzierung von Schulausflügen der bedürftigen Kinder verantwortlich sind. Dafür soll ihnen der Bund Geld direkt überweisen. Dagegen hatte sich die Bundesregierung lange gewehrt.

Wegen der ungelösten Probleme ist die Zeit für die schon seit Jahresbeginn überfällige Neuregelung knapp. Von der Leyen räumte ein, trotz der Fortschritte bei der Bildung gebe es beim Regelsatz bisher „noch keinerlei Bewegung“. Die Koalition will ihn um 5 auf 364 Euro anheben. Die Opposition kritisiert das Berechnungsverfahren. Die Koalition lehnt hier Änderungen strikt ab. „Es gibt an dieser Stelle keine faulen Kompromisse“, sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt der Nachrichtenagentur dpa.

Während ein Zeitarbeit-Mindestlohn für die verleihfreie Zeit inzwischen als konsensfähig gilt, gibt es heftigen Streit bei dem Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Die SPD will hier Lohngleichstellung zwischen Leiharbeitern und Stammbelegschaft nach einer kurzen Einarbeitungszeit. Die CSU signalisiert Entgegenkommen. Die FDP dagegen zeigt sich in diesem Punkt nur wenig kompromissbereit.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, in den Koalitionsreihen für Ordnung zu sorgen. „Unseren Leuten saßen bei den Verhandlungen drei Parteien mit unterschiedlichen Ansichten gegenüber“. Dies müsse Merkel abstellen.

Im Raum steht noch die Forderung von SPD und Grünen nach einer besseren Betreuung der Kinder durch Sozialarbeiter in den Kommunen und an den Schulen. Für die Organisation der Bildungshilfen sollen die Kommunen 135 Millionen Euro zusätzlich vom Bund erhalten.

Schwesig zeigte sich besorgt, dass das ganze Projekt wegen der Uneinigkeit der Koalition beim Mindestlohn gefährdet sei. Solange eine politische Einigung über das Gesamtpaket aussteht, steht nicht nur das Bildungspaket auf der Kippe. Auch auf die Anhebung ihrer Bezüge müssen die gut 6,5 Millionen Betroffenen weiter warten.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Peter Altmaier (CDU), warnte SPD und Grüne vor „ideologischen Grabenkämpfen“. Die Opposition dürfe nicht glauben, sie könne ihre sozialpolitischen Wunschlisten aus den vergangenen 20 Jahren in diesem Vermittlungsverfahren durchsetzen. Die Linke war zu den Gesprächen nicht eingeladen. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte: „Die Verhandlungen zum Arbeitslosengeld II belegen erneut: Schwarz-Gelb ist weder regierungs- noch verhandlungsfähig.“