Heftige Debatte über Neuverteilung von „Soli“-Einnahmen

Berlin (dpa) - Die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke (SPD), ist offen für eine Abschaffung des Solidaritätszuschlages, fordert nach dem Auslaufen des Solidarpakts II aber eine solide Finanzausstattung für alle strukturschwachen Regionen.

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„Wir wollen gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland“, sagte die SPD-Politikerin der „Berliner Zeitung“ (Mittwoch). Das beinhalte eine aktive Strukturpolitik und eine funktionierende Infrastruktur ebenso wie eine anständige öffentliche Daseinsvorsorge.

Am Dienstag war bekanntgeworden, dass Bund und Länder eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags ab 2019 ausloten. Eine Überlegung ist, die Einnahmeausfälle durch Aufschläge bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer auszugleichen, deren Einnahmen sich Bund, Länder und Kommunen teilen. Die Einnahmen aus dem „Soli“ stehen dagegen nur dem Bund zu. An der Steuerlast der Bürger würde sich nichts ändern. Der Bund beharrt aber auf Gegenleistungen der Länder.

In den Bundesländern stoßen die Überlegungen auf ein geteiltes Echo. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) plädiert dafür, den „Soli“ als Infrastrukturabgabe beizubehalten. „Mit den Einnahmen könnten strukturschwache Regionen in Ost und West gefördert werden. Zudem könnte er zur Tilgung der Altschulden genutzt werden“, sagte der CDU-Politiker der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Mittwoch).

Eine Abschaffung des „Soli“ nütze niemandem, wenn andere Steuern erhöht würden. „Vielmehr steht dann zu befürchten, dass Länder mit sprudelnden Steuerquellen noch mehr Einnahmen erzielen, während strukturschwache Regionen kaum profitieren“, warnte Haseloff.

Ähnlich äußerte sich Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Der SPD-Politiker sprach sich dafür aus, die Einnahmen zu nutzen, um den Umbau der Wirtschaft in ganz Deutschland zu finanzieren. „Die Verteilung muss künftig ohne Blick auf die Himmelsrichtung erfolgen“, sagte er der „Frankfurter Rundschau“ (Mittwoch). Es werde im Osten noch weiter Strukturprobleme geben, aber ebenso im Ruhrgebiet, in Teilen Bayerns oder an der Küste.

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) plädierte dafür, die Mittel für einen Fonds zur Tilgung von Altschulden zu nutzen. „Würde man zur Finanzierung eines solchen Altschuldenfonds den „Soli“ in die Tarife der Einkommensteuer einarbeiten, entstünde daraus keine höhere Belastung der Steuerzahler“, sagte der SPD-Politiker der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (Mittwoch). „Im Gegenteil, mit der Integration des Soli in die Einkommensteuer könnte man gleichzeitig auch die kalte Progression entschärfen und so unter Umständen sogar zu einer Steuerentlastung kommen.“

Der „Soli“ ist ein Zuschlag von 5,5 Prozent auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer. 2019 läuft der Solidarpakt II zum Aufbau der neuen Länder aus. Dann soll auch die ursprünglich zum Aufbau im Osten erhobene, heute aber nicht mehr zweckgebundene Steuer in die Bund-Länder-Finanzbeziehungen eingebunden werden. Die Länder pochen schon länger auf eine Beteiligung an den „Soli“-Einnahmen.