Historisches Tief bei Organspenden
Frankfurt/Main/Berlin (dpa) - Die Zahl der Organspender in Deutschland ist auf ein historisches Tief eingebrochen. 2013 waren es noch 876 Spender - rund 16 Prozent weniger als im Vorjahr.
Das ist der niedrigste Wert seit Verabschiedung des Transplantationsgesetzes 1997. Nach der noch vorläufigen Bilanz der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) sank die Zahl der gespendeten Organe um 13,6 Prozent auf 3034. „Diese Entwicklung betrachten wir mit großer Sorge“, sagte der hauptamtliche DSO-Vorstand Rainer Hess in einer am Mittwoch verbreiteten Mitteilung.
Einen Grund für die „dramatische Entwicklung“ sieht die Stiftung im Skandal um Manipulationen bei Organtransplantationen, der sich schon 2012 ausgewirkt hatte. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will nun weiter für Spenden werben. „Jeder, der sich persönlich für eine Organspende entscheidet, kann Leben retten“, sagte Gröhe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Donnerstag). „Wir müssen beharrlich bleiben.“
Der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn sagte: „Der dramatische Rückgang der Organspenden ist tragisch.“ Alle Beteiligten hätten jetzt die Pflicht, verstärkt aufzuklären. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, versicherte, dass nach Reformen die Transplantationsmedizin so sicher wie noch nie sei.
Angesichts des neuerlichen Einbruchs rief Stiftungsvorstand Thomas Biet dazu auf, Organspende als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrzunehmen. „Jedes gespendete Organ kann das Leben eines schwer kranken Menschen retten“, betonte die DSO. Durch die sinkenden Zahlen verschärfe sich der Organmangel in Deutschland, wo etwa 11 000 Menschen auf ein Spenderorgan warten.
Hess warb zugleich um Vertrauen in die gesetzlichen Regelungen. „Kein Patient muss in Deutschland befürchten, wegen einer Organspende von den Ärzten zu früh aufgegeben zu werden“, sagte er.
Nach Angaben der Stiftung kamen 2013 in Deutschland auf eine Million Menschen im Schnitt 10,9 Spender, im Vorjahr waren es noch 12,8. Die Organspenderzahlen sinken in allen DSO-Regionen. In der Region Nord-Ost, zu der neben Berlin auch Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg gehören, fällt der Rückgang mit 9,7 Prozent am niedrigsten aus. In Bayern ist er mit 23,9 Prozent am höchsten. Einer der Transplantationsskandale ereignete sich in München.
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte, das historische Tief sei ernüchternd und erschütternd, komme aber nicht unerwartet. Er warf der gemeinnützigen Stiftung vor, sie habe auf ganzer Linie versagt, denn sie sei in Sachen Organspende für die Aufklärung zuständig. Die DSO wies das zurück. Ihre Aufgabe sei lediglich, Krankenhäuser im Organspendeprozess zu unterstützen.