Politik Immer weniger Eingaben beim Petitionsausschuss des Bundestages

Vom „Eltern-TÜV“ bis zum falschen Rentenbescheid

Fast jede fünfte Eingabe im Petitionsausschuss des Bundestages bezieht sich auf soziale Themen, für die das Bundesarbeitsministerium zuständig ist.

Foto: Michael Kappeler

Berlin. Der Petitionsausschuss des Bundestages gilt als Seismograph für die Sorgen und Nöte der Bürger. Hier kann jeder namentlich seine Beschwerde vorbringen, sie muss bearbeitet werden. Im vergangenen Jahr gingen 11.236 Gesuche neu ein. Damit ist die Zahl der Petitionen seit 2014 allerdings deutlich gesunken. Damals waren es noch rund 15.300, wie aus dem am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht hervorgeht. Nachfolgend die wichtigsten Erkenntnisse:

Fast jede fünfte Eingabe (19 Prozent) bezieht sich auf soziale Themen, für die das Bundesarbeitsministerium zuständig ist. Auf dem zweiten Platz liegen Eingaben im Bereich des Innenministeriums (14,4), gefolgt vom Justiz- und Verbraucherministerium (13 Prozent). Dabei sind die Anliegen sehr breit gefächert. Es geht um nicht bewilligte Qualifizierungsmaßnahmen durch die Arbeitsagentur, falsch berechnete Rentenbescheide, Probleme bei der Leiharbeit bis hin zu den Tücken des Sorgerechts und einer Testamentserrichtung.

Ja. Der Ausschuss zählte 2016 insgesamt 50 abschließend behandelte Eingaben, die jeweils von mindestens 1000 Unterstützern getragen waren. Mit fast 177.000 Mitunterzeichnern lag eine Petition mit der Forderung nach einer Reform der Pflegeversicherung an der Spitze. Weitere rund 108.000 Petenten kritisierten in einer gemeinsamen Eingabe die Personalvorgaben für Pflegeinrichtungen. Und mehr als 94.000 Mitunterzeichner forderten, im Grundgesetz ein Exportverbot für Rüstungsgüter zu verankern.

Ja. So verlangte etwa eine Mutter, dass jedem Kind bei Geburt ein Chip eingepflanzt werden solle, damit die Eltern immer über den Aufenthaltsort des Nachwuchses Bescheid wüssten. Ein anderer Bürger forderte einen verpflichtenden „Eltern-TÜV“, um die Fähigkeit zur Kindererziehung zu überprüfen. Beides wurde natürlich abgelehnt.

Nahezu jede zweite behandelte Petition löste eine parlamentarische Beratung aus. Positiv beschieden werden konnten allerdings lediglich 6,3 Prozent der Eingaben. Dazu zählten zum Beispiel eine Änderung der Insolvenzverordnung, um die Bürokratie abzubauen sowie Entschädigungsregelungen für ehemalige Soldaten der NVA und der Bundeswehr, die durch militärische Radarstrahlen gesundheitlich beeinträchtigt sind. Jedem dritten Anliegen (34, 6 Prozent) wurde nicht entsprochen. Etwa genauso viel wie im Vorjahr. Weitere knapp 34 Prozent wurden durch Auskünfte oder Materialübersendungen erledigt. Immerhin jede achte Eingabe war anonym, verworren oder beleidigend und wurde deshalb nicht bearbeitet.

Der Rückgang hat offenbar mit der wachsenden Konkurrenz zu tun. So gibt es mittlerweile gemeinnützige und private Plattformen, auf denen viele Bürger ihre Probleme vortragen. Zumeist böten solche Plattformen aber keine Lösungen, erklärte die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Kersten Steinke (Linke). Außerdem gibt es immer mehr Ombudsmänner bei Krankenkassen und anderen Einrichtungen, an die man sich wenden kann. Die Online-Plattform des Petitionsausschusses ist allerdings sehr erfolgreich. Unter https://epetitionen.bundestag.de haben sich allein im Vorjahr rund 175.000 neue Nutzer angemeldet — mehr als doppelt so viele wie noch 2015.