Isabell van Ackeren: „15 Minuten Hausaufgaben reichen“

Bildungsexpertin Isabell van Ackeren über die Rolle der Eltern, längeren Unterricht und Entlastung für Schüler.

Düsseldorf. Isabell van Ackeren (Foto: Petra Pistor) ist Leiterin der Arbeitseinheit Bildungssystem- und Schulentwicklungsforschung an der Uni Duisburg-Essen. Die Bildungsexpertin spricht über den Sinn von Hausaufgaben und sagt, ob Eltern ihren Kindern dabei helfen sollten.

Prof. van Ackeren, sind Hausaufgaben sinnvoll?

Isabell van Ackeren: Forschungsbefunde zeigen, dass Hausaufgaben insgesamt durchaus lernförderlich sind. Allerdings sollten Lehrer, Schüler und Eltern einige Dinge beachten. So sollten Lehrer Hausaufgaben lieber regelmäßig und in kleineren Dosen als selten und umfangreich stellen, fünf bis 15 Minuten reichen aus. Die Aufgaben sollten Schüler auch mal herausfordern, über Neues nachzudenken, anstatt nur zu wiederholen und das nachzuholen, was im Unterricht nicht geschafft wurde. Studien zeigen übrigens, dass nur acht Prozent der deutschen Schülerinnen und Schüler die ihnen gestellten Aufgaben interessant finden.

Was halten Sie dann von der Idee, Hausaufgaben generell abzuschaffen?

van Ackeren: Die Frage nach dem Sinn von Hausaufgaben ist für mich mit der Frage nach dem generellen Umgang mit Bildungszeit im Schulsystem und in den einzelnen Schulen verbunden. So lässt sich auf der Grundlage von Daten der Pisa-Studie zeigen, dass im internationalen Vergleich in Ländern mit vergleichsweise viel Schul- und Unterrichtszeit der Zeitaufwand für Hausaufgaben eher sinkt.

Wie stellt sich das bei Ganztagsschulen dar?

van Ackeren: Ein solcher Zusammenhang kann auch im Kontext der Ganztagsschulentwicklung und auch im neunjährigen gegenüber dem achtjährigen Gymnasium beobachtet werden. Dort haben bereits viele Schulen die Hausaufgaben zugunsten von Schulaufgaben abgeschafft. Die ehemaligen Hausaufgaben werden dort in Übungs- und Vertiefungsphasen direkt in den Schulalltag integriert.

Ist das richtig?

van Ackeren: Es ist eine konsequente und sinnvolle Entwicklung, die übrigens auch die Eltern begrüßen. Eine gemeinsam mit meiner Kollegin Gabriele Bellenberg von der Universiät Bochum durchgeführte Studie zeigt, dass sich Eltern für ihre Kinder mehr zeitliche Entlastung wünschen, weshalb in vielen Bundesländern die wiedereingeführten neunjährigen Gymnasien unter anderem so stark nachgefragt sind.

Eine andere sinnvolle Strategie von Schulen ist es, Eltern als Erziehungspartner gezielt einzubinden und das isolierte Lernen zu Hause in ein partnerschaftliches Arbeiten mit Unterstützung der Eltern oder mit Gleichaltrigen zu überführen. Dabei sind aber, wie gesagt, einige Aspekte der Qualität der Hausaufgabenunterstützung zu beachten.

Müssen Eltern denn bei den Hausaufgaben helfen?

van Ackeren: Den Schülern sollten Strategien zum selbstständigen Arbeiten in der Schule vermittelt werden, das macht die Qualität der Hausaufgabenbearbeitung unabhängiger von den Unterstützungsmöglichkeiten der Eltern. Diese sollten eher indirekt unterstützen, indem sie die Selbstständigkeit ihrer Kinder fördern und sie emotional unterstützen. Studien zeigen aber, dass sich gerade leistungsschwächere Schüler durch ihre Eltern eher kontrolliert fühlen und von mehr Konflikten zu Hause berichten. Das wiederum fördert weder das Selbstvertrauen noch das Lernen.