Öffentlich-rechtliche Sender Jahresbericht: 8,1 Milliarden für ARD, ZDF & Co.
Der Beitragsservice der öffentlich-rechtlichen Sender legt seinen Jahresbericht vor. Die Gesamterträge sinken um 2,32 Prozent.
Köln. Wer eine Fabrik besichtigt, kann bei der Herstellung von Produkten zusehen. In Köln-Bocklemünd gibt es ein Unternehmen, das sich mit der industriellen Verarbeitung von Briefen befasst. Diese werden deshalb in so großen Mengen bei dieser Firma abgegeben, weil sie „Geschäftsbeziehungen“ mit praktisch jedermann in Deutschland pflegt: Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio.
Der hieß früher mal GEZ. Doch seit der Umstellung Anfang 2013 von einer gerätegebundenen Gebühr auf einen davon unabhängigen Beitrag von 17,50 Euro pro Monat und Wohnung geht es nicht mehr um den unfreundlich klingenden Begriff des Gebühreneinzugs, sondern man kann netter daherkommen — eben als Beitragsservice.
Ein Gutteil der derzeit 1046 Mitarbeiter ist damit befasst, die Kommunikationslawine von etwa 70 000 Vorgängen pro Tag, das meiste noch als Brief, zu verarbeiten. Briefe, in denen es etwa um Adressänderungen, um Anträge auf Beitragsbefreiung oder auch Beschwerden oder Beschimpfungen geht, werden geöffnet, eingescannt und abgearbeitet. Am Dienstag hat der Beitragsservice die Zahlen des Jahresberichts 2015 vorgestellt.
44,7 Millionen Beitragskonten gibt es aktuell. Die Erträge aus den Rundfunkbeiträgen, mit denen der öffentliche Rundfunk finanziert wird, lag 2015 bei 8,131 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Verringerung um 193 Millionen Euro (minus 2,32 Prozent). Die ARD-Anstalten bekommen zusammen 5,76 Milliarden Euro (WDR: 1,2 Milliarden Euro). Ans ZDF gehen gut zwei Milliarden und ans Deutschlandradio 218 Millionen Euro. An die Landesmedienanstalten fließen gut 153 Millionen Euro.
Ganz früher war es so, dass der Rundfunkbeitrag von der Deutschen Post eingezogen wurde, und die Sozialbehörden waren für die Anträge auf Befreiung von der Zahlungspflicht zuständig. Mittlerweile liegt das alles in der Hand des gemeinsamen Beitragsservice der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Und der wehrt sich dagegen, dass die Verwaltungsaufwendungen zu hoch seien.
So gab es auch schon den Vorschlag, die Beiträge von den Finanzämtern, ähnlich wie bei der Kirchensteuer, einziehen zu lassen. Doch die ließen sich das mit drei bis vier Prozent des Kirchensteuervolumens bezahlen, argumentiert der Beitragsservice, da arbeite man selbst effektiver. Der Anteil der Aufwendungen, gemessen an den Gesamterträgen, betrage nur 2,11 Prozent. Pro Beitragskonto und Jahr entstünden Aufwendungen von 3,83 Euro. Durch einen Abbau des Personals von 1207 Mitarbeitern Ende 2014 auf geplant 965 Ende 2017 soll dieses Verhältnis so bleiben.
Spektakuläre Fälle von Zahlungsverweigerung machen immer wieder die Runde. Die Gerichte sind stark beschäftigt mit Streitigkeiten um die Beitragszahlungen. 2015 liefen an bundesdeutschen Gerichten etwa 3800 Klagen. Allerdings hat im März das Bundesverwaltungsgericht klagefreudige Zahlungsverweigerer entmutigt, als es den Rundfunkbeitrag für rechtmäßig erklärte: Der Beitrag darf allein für die Möglichkeit erhoben werden, dass die öffentlich-rechtlichen Programme empfangen werden können. Dennoch: Heute steht der Rundfunkbeitrag erneut beim Bundesverwaltungsgericht auf dem Prüfstand. Verhandelt werden drei Klagen gegen den WDR. Die Kläger haben kein Rundfunkempfangsgerät oder nur ein Radio. Sie wenden sich gegen den Beitrag als Haushaltsabgabe. Mit einer Entscheidung in den drei Fällen (Az.: BVerwG 6 C 35.15, 6 C 37.15, 6 C 47.15) wird heute gerechnet.
Mit insgesamt 25,4 Millionen Mahnmaßnahmen war der Beitragsservice im vergangenen Jahr befasst — von Zahlungserinnerungen bis zu Mahnungen. Erst bei ganz hartnäckiger Zahlungsverweigerung geht es in die Zwangsvollstreckung. Die funktioniert so: Weil die Rundfunkanstalten ihre Forderungen nicht einklagen müssen, sondern per Bescheid einziehen, können sie die Sache bei bestandskräftigem Bescheid an die kommunalen Vollstreckungsbehörden weiterreichen, die das Geld dann eintreiben. Die Zahl solcher Vollstreckungsersuchen ist von 891 000 im Jahr 2014 auf 1,4 Millionen 2015 angestiegen. Der Beitragsservice betont, dass Mahnungen und Vollstreckungen im Sinne der Beitragsgerechtigkeit notwendig seien — einzelne sollen sich nicht auf Kosten aller anderen entziehen können.
Für Menschen, die nicht in der Lage sind, den Beitrag aufzubringen, bei persönlichen Härtefällen oder Behinderungen wie Taubheit oder Blindheit gibt es die Möglichkeit, sich ganz oder teilweise vom Beitrag befreien zu lassen. 2015 machte dies einen Wert von gut 3,3 Milliarden Euro aus.