Jede dritte Klinikabrechnung ist falsch
Wegen zahlreichen Fehlern in Abrechnungen sollen Krankenhäuser fast 900 Millionen Euro zu viel von den Kassen erhalten haben.
Bonn. Etwa jede dritte geprüfte Klinikabrechnung weist nach Ermittlungen des Bundesrechnungshofs Fehler auf. Die Krankenkassen zahlten rund 875 Millionen Euro von den Beitragszahlern zu Unrecht an die Krankenhäuser, teilte der Rechnungshof am Dienstag mit. Diese Summe entspreche fast 0,1 Beitragssatzpunkten. Die Kassen reagierten alarmiert und forderten bessere Bedingungen für Rechnungsprüfungen. Die Krankenhäuser hingegen werfen dem Rechnungshof eine Fehleinschätzung vor.
Das Geld müsse an die Kassen zurückerstattet werden, verlangte der Rechnungshof. Die Behörde forderte das Bundesgesundheitsministerium auf, eine Vereinfachung des Abrechnungssystems, Anreize für ein korrektes Abrechnungsverhalten sowie wirksamere Kontrollverfahren der Kassen zu prüfen. Insgesamt stiegen die Ausgaben für die Kliniken im Jahr 2010 auf 59 Milliarden Euro.
Das Abrechnungssystem der Krankenhäuser weise mehrere Schwächen auf, urteilten die Rechnungsprüfer. Die Zuordnung der einzelnen Behandlungen und Diagnosen zu den Kostensätzen sei äußerst kompliziert. Schon einfache Fehler hätten oft große finanzielle Konsequenzen. Derzeit müsse das falsch abrechnende Krankenhaus der Kasse nur den zu viel gezahlten Betrag erstatten — aber keine Strafe entrichten. Kassen aber müssten 300 Euro zahlen, wenn eine Einzelfallprüfung keine Fehler ergibt.
„Krankenhausrechnungen sind so oft falsch, weil dort der Anreiz fehlt, sich bei der Rechnungsstellung ausreichend Mühe zu geben“, kritisiert Kassenverbands-Sprecher Florian Lanz. Wenn sich eine Rechnung als falsch erweise, solle künftig das Krankenhaus 300 Euro an die Kassen zahlen müssen. Die Politik müsse die Ungleichbehandlung von Kassen und Krankenhäusern beenden.
Die Kliniken konterten, der Bundesrechnungshof unterliege einer Fehleinschätzung. „Ein Großteil der zwischen Kassen und Kliniken streitig gestellten Abrechnungen hat unterschiedliche medizinische Einschätzungen zwischen Kassen und Klinikärzten zum Hintergrund“, sagte der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft, Georg Baum.
Tatsächlich zeigt etwa ein Urteil des Sozialgerichts Hannover, dass die Ansichten von Kliniken und Kassen oft auseinandergehen. In diesem Fall war eine Patientin fünf Tage nach der Einweisung in eine Klinik gestorben, weshalb die Kasse nicht die abgerechnete Akutbehandlung in Höhe von 2.492 Euro, sondern nur die Kosten für Sterbebegleitung anerkennen wollte. Hier bekam die Klinik zunächst Recht.
Laut einer Darstellung der Kassen zahlen indes Versicherungen oft zuviel: wegen zu langer Klinikaufenthalte oder wegen falscher Zuordnungen der Behandlungen zu Kostenposten.