Jeder Dritte geht nicht zum Zahnarzt
Berlin (dpa) - Jeder dritte Bundesbürger geht trotz aller Appelle innerhalb eines Jahres nicht ein einziges Mal zum Zahnarzt. Männer, junge Erwachsene und Westdeutsche lassen die Vorsorge überproportional oft schleifen, wie der erste Zahnreport der Krankenkasse Barmer GEK zeigt.
„30 Prozent aller Menschen in Deutschland besuchen keinen Zahnarzt. Da wird man nachhelfen müssen“, sagte der Vizechef des Kassen-Marktführers, Rolf-Ulrich Schlenker. „Ist es individuelle Zahnarztangst oder schrecken die größer werdenden privaten Finanzierungsanteile ab“, fragte Schlenker. Prophylaxe auch im Kindergarten und der Schule müsse weiter gestärkt werden.
Studienautor Thomas Schäfer sagte: „Junge Männer in der Altersgruppe der 20- bis unter 25-Jährigen sind besonders zahnarztscheu.“ Nur 55 Prozent dieser Gruppe waren im untersuchten Jahr einmal beim Dentisten. Bei den Frauen dieses Alters waren es 67 Prozent, insgesamt 69 Prozent.
Kinder aus sozialschwachen Familien gingen seltener zum Zahnarzt. Deshalb müsse die Betreuung vor allem von Vorschulkinder aus diesen Schichten verstärkt werden, forderte Schlenker.
Rund 50 Prozent der Bevölkerung gehen mindestens einmal im Jahr zur Prophylaxe. „Aber rund 50 Prozent waren nicht beim Zahnarzt oder einer generellen Vorsorgeuntersuchung“, sagte Schlenker. „Da gibt es noch einiges zu tun.“ Vorbild könne Ostdeutschland sein. So gingen in den neuen Ländern 75 Prozent mindestens einmal im Jahr zum Zahnarzt, in den alten Ländern seien es nur 68 Prozent. Gerade Gruppenprophylaxe für Kinder in Horten sei in der DDR besonders groß geschrieben worden. Dies wirke positiv nach.
Schlenker sprach sich für professionelle Zahnreinigung aus, auch wenn die Kassen dies nicht generell zahlen. 48 Prozent ließen sich mindestens einmal im Jahr den Zahnstein entfernen.
Minderjährige gehen mit steigendem Jugendalter verstärkt zur Vorsorge, bis die Zahlen dann bei jungen Erwachsenen einbrechen und ab Ende 20 wieder ansteigen. 69 Prozent der 6- bis unter 18-Jährigen nahmen 2009 zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen in Anspruch, bei den 2- bis 5-Jährigen lag der Anteil bereits bei 32 Prozent.
Auf die jährlichen Stempel im Bonusheft führte Schlenker zurück, dass kurz vor Weihnachten bei Deutschlands Dentisten am meisten los ist. Hochbetrieb herrschte im untersuchten Jahr vor allem am 14. Dezember.
Spitzenreiter bei den Zahnarztbesuchen ist Sachsen-Anhalt mit im Schnitt mehr als 2,4 Kontakten im Jahr, gefolgt von Sachsen und Thüringen (je etwas über 2,4). Schlusslichter sind das Saarland (1,8), Rheinland-Pfalz (1,9) und Hessen (2,0) - davor liegen Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen (je 2,1).
29 Prozent der Bundesbürger bekamen 2009 mindestens eine Füllung - sie litten unter Karies. Gut 9 Prozent der Bürger wurden mindestens ein Zahn gezogen. Entspannungsübungen könnten gegen Angst vor Schmerzen beim Zahnarzt hilfreich sein, raten Experten.
Das Institut ISEG hatte die Daten von acht Millionen Versicherten aus dem Jahr 2009 ausgewertet und auf Deutschland hochgerechnet.