AfD Jetzt provoziert Petry die Entscheidungsschlacht

Grundsatzantrag der AfD-Chefin stößt auf erhebliche Widerstände — Steht der Partei eine neue Spaltung bevor?

Frauke Petrys (l) Vorhaben, alleinige Spitzenkandidatin bei der Bundestagswahl zu werden, scheiterte im Januar.

Foto: Rainer Jensen

Berlin. Bernd Lucke, längst ausgetretener Begründer der AfD, dürfte sich erinnert fühlen. So wie er vor zwei Jahren sucht jetzt auch seine Nachfolgerin als Vorsitzende, Frauke Petry, eine Entscheidungsschlacht über den Kurs der Partei. Allerdings droht Petry (noch) nicht mit Spaltung. Außerdem hat sich das Zentrum der Auseinandersetzung inzwischen weit nach rechts verschoben.

Petry hat genau wie damals Lucke für ihren Vorstoß eine eigene Website aufgemacht, auf der sie nun fleißig Unterstützer sammelt. 350 waren es am Freitag. Erklärtes Ziel der 41jährigen Parteichefin: Die AfD soll sich beim Parteitag in zwei Wochen in Köln grundsätzlich für den „realpolitischen Weg einer bürgerlichen Volkspartei“ entscheiden und koalitionsfähig werden. Spätestens nach 2021 wolle man „Verantwortung übernehmen“. Petry versteht das als Absage an all jene, die Fundamentalopposition sein wollen.

Namentlich nennt Petry ihren Vorstandskollegen Alexander Gauland. Dieser wolle auch abseitige Meinungen und Standpunkte zulassen. Das jedoch verschrecke bürgerliche Wähler. Mit dem Antrag will Petry die Partei abgrenzen von Tabubrüchen, wie sie kürzlich der Thüringer Landeschef Björn Höcke vorgenommen hatte, als er das Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“ bezeichnete. Gegen Höcke läuft deshalb ein von Petry mitinitiiertes Parteiausschlussverfahren. Gauland und andere wollen Höcke hingegen tolerieren.

Der Antrag soll die Entscheidung in den verbissen geführten Grabenkämpfen an der Spitze bringen. „Ein realpolitischer Ansatz ist nur erfolgversprechend, wenn er sich auf breiten Konsens der Partei und eine entsprechende Beschlusslage beziehen kann“, formuliert Petry. Das bedeutet: Kommt der Vorstoß in Köln durch, dann soll der rechte Flügel fortan den Mund halten. Von einem „Papier der Spaltung“ sprechen ihre Gegner.

Die Landeschefs von Rheinland-Pfalz, Uwe Junge, und Mecklenburg-Vorpommern, Leif-Erik Holm, unterstützen Petry. Allerdings soll sich bei einer Telefonkonferenz am Donnerstag die Mehrheit der Landesvorsitzenden gegen die Initiative ausgesprochen haben. Der Berliner Gerd Pazderski, dessen Name anfangs unter dem Antrag stand, ließ inzwischen erklären, es handele sich um einen „Tippfehler“. Gauland sprach von einem „künstlichen Auseinanderdividieren“. Petry wolle nur eine „ideologische Basis“ für den Ausschluss Höckes schaffen.

Lucke hatte 2015 einen ähnlichen Machtkampf gestartet und gegen Petry verloren. Der Parteigründer wollte die AfD damals als eurokritische, aber bürgerliche Partei profilieren, die sich von fremdenfeindlichen Gruppen fernhalten sollte. Petry hingegen wollte einen harten Kurs gegen den politischen Islam und die Aufnahme von Flüchtlingen. Einmal sagte sie, dass an den Grenzen zur Not auf illegale Einwanderer geschossen werden müsse.

Allerdings teilt Petry seit längem die Auffassung der französischen Präsidentschaftskandidatin Marine le Pen, dass die Rechtskonservativen sich von offen nazifreundlichen Strömungen trennen müssen, um wählbar zu sein. Zuletzt machte Petry mit der Bemerkung Schlagzeilen, die AfD sei der „Garant jüdischen Lebens“ in Deutschland. Das hindert sie freilich nicht an Zweideutigkeiten. Erst im Herbst letzten Jahres sprach sie sich dafür aus, den Begriff „völkisch“ positiv zu besetzen.

Unklar ist, wieviel Rückhalt Petry tatsächlich hat. Und welche Konsequenzen sie zieht, falls sie in Köln verliert. Ihr Vorhaben, alleinige Spitzenkandidatin bei der Bundestagswahl zu werden, scheiterte bereits im Januar, als 54 Prozent der Mitglieder sich in einer Basisbefragung für die Bildung eines Spitzenteams aussprachen. Wer dazu gehören wird, soll ebenfalls in Köln entschieden werden. Es könnte Petrys wichtigster AfD-Parteitag werden. Oder ihr letzter.