Justiz ermittelt offiziell gegen Guttenberg
Hof/Bayreuth. Gegen den ehemaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg läuft wegen der Plagiatsaffäre jetzt offiziell ein Ermittlungsverfahren. „Mittlerweile liegen über 100 Strafanzeigen im Zusammenhang mit den Plagiatsvorwürfen vor“, sagte Oberstaatsanwalt Reiner Laib in Hof.
Nur wenige Tage nach dem Rücktritt des CSU-Politikers von allen politischen Ämtern leitete die Staatsanwaltschaft Hof ein förmliches Verfahren ein, weil Guttenberg seine Doktorarbeit teilweise abgeschrieben haben soll. Die Behörde prüfe den Sachverhalt. Bei einer Verurteilung drohen Guttenberg bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe.
Guttenbergs Prüfer an der Uni Bayreuth wiesen unterdessen jegliche eigene Verantwortung in der Plagiatsaffäre von sich. Das Erkennen von Plagiaten sei mit den im Jahr 2006 vorhandenen technischen Möglichkeiten kaum möglich gewesen, stellten sein Doktorvater Peter Häberle und der Zweitprüfer Rudolf Streinz in einer gemeinsamen Erklärung fest, die sie im Internet veröffentlichten.
Die Staatsanwaltschaft wird laut Laib auch die Ergebnisse der Selbstkontrollkommission der Universität mit in ihre Arbeit einbeziehen. Diese liegen aber noch nicht vor. Die Kommission überprüft die Dissertation weiter. In erster Linie gehe es um mögliche Verstöße gegen das Urheberrecht, sagte Laib. Zur Dauer und zu Einzelheiten der Ermittlungen wollte sich der Oberstaatsanwalt nicht äußern.
Guttenberg hat gravierende handwerkliche Fehler bei seiner juristischen Dissertation eingestanden, aber Täuschungsabsichten bestritten. Die Universität Bayreuth hat Guttenberg bereits den Doktortitel aberkannt. Dieser gab am vergangenen Dienstag das Amt des Verteidigungsministers, sein Abgeordnetenmandat und seine CSU-Funktionen auf. Mit dem Verzicht auf sein Mandat endete auch die Immunität, die Abgeordnete genießen. Dies ebnete den Weg für ein förmliches Ermittlungsverfahren.
Guttenbergs Doktorvater Häberle betonte, ohne Kenntnis der Plagiatsvorwürfe habe sich die Arbeit „Verfassung und Verfassungsvertrag“ durch „einen hohen Grad der Durchdringung in allen seinen Facetten“ ausgezeichnet. Dies gelte nicht nur rein rechtlich, sondern auch für die bei ihm übliche Einbeziehung kultureller Hintergründe der rechtlichen Entwicklungen. So habe das Kapitel über den Gottesbezug die damals aktuelle Diskussion des Verfassungsvertrages der EU aufgegriffen. Guttenberg habe auch in seiner mündlichen Prüfung intensive Fragen zu Methodik und Inhalt seiner Arbeit souverän beantwortet und sich jeglicher Diskussion stellen können.
Häberle und Streinz gingen nach eigenen Angaben bei der Bewertung der 475 Seiten starken Dissertation mit der Höchstnote summa cum laude davon aus, dass Guttenberg die Regeln wissenschaftlichen Arbeitens beachtet hat.
Die beiden Wissenschaftler wiesen darauf hin, dass die Überprüfung von Dissertationen mit technischen Mitteln vor fünf Jahren nicht üblich gewesen sei und bis heute die Ausnahme darstelle. „Plagiatsoftware sowie auch andere Methoden waren damals keineswegs so weit entwickelt wie heute.“ Programme, die speziell juristische Arbeiten untersuchen, bedürften noch der Weiterentwicklung. Als Konsequenz aus dem Fall Guttenberg sprechen sich Häberle und Streinz dafür aus, künftig im Interesse aller Beteiligten Dissertationen vor der Bewertung technisch zu überprüfen.
Doktorvater Häberle erläuterte, dass sich zwischen ihm und Guttenberg - wie bei allen lange dauernden Promotionsverfahren üblich - ein intensives Vertrauensverhältnis entwickelt habe. So seien auch die Fortschritte der Arbeit regelmäßig intensiv diskutiert worden.