1000 Angehörige pro Monat Kabinett beschließt begrenzte Öffnung des Familiennachzugs
Berlin (dpa) - Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus dürfen vom 1. August an wieder Familienangehörige zu sich nach Deutschland holen. Pro Monat sollen aber bundesweit nur 1000 Angehörige einreisen dürfen.
Eine entsprechende Änderung im Aufenthaltsgesetz verabschiedete das Bundeskabinett in Berlin.
„Ich denke, wir haben eine sehr vernünftige Lösung gefunden“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Reichlich Gegenwind dürfte es im Bundestag trotzdem geben. Grüne und Linke finden die Regelung zu hartherzig. Die AfD will den Familiennachzug für Flüchtlinge abschaffen. Die FDP ist für eine Härtefallregelung. Doch auch in der Union regt sich Widerstand gegen einige Punkte im Gesetzentwurf.
Aktuell dürfen subsidiär Schutzberechtigte - darunter sind viele Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien mit eingeschränktem Schutzstatuts - nur in seltenen Ausnahmefällen Angehörige nach Deutschland holen. Subsidiär Schutzberechtigte sind schlechter gestellt als zum Beispiel anerkannte Asylbewerber, die politisch verfolgt werden.
Die Neuregelung sieht jetzt vor, dass ihre Ehepartner und minderjährigen Kinder demnächst wieder kommen dürfen. Auch Eltern von unbegleitet in Deutschland lebenden minderjährigen Flüchtlingen mit diesem zeitlich begrenzten Status könnten dann einen Visumsantrag stellen, pro Monat dürfen aber nur 1000 Angehörige einreisen. Gegenwärtig liegen an deutschen Auslandsvertretungen bereits 26.000 Termingesuche von Angehörigen subsidiär Schutzberechtigter vor.
Zugleich will die große Koalition bestimmte Gruppen grundsätzlich vom Familiennachzug ausschließen. Dabei geht es um Terrorsympathisanten, Hetzer oder sogenannte Gefährder. Das sind vor allem radikale Islamisten, denen die Behörden Terroranschläge zutrauen. Allerdings sollen auch hier Ausnahmen möglich sein - und zwar für Menschen, die sich nun glaubhaft von ihrem früheren Handeln distanzieren. Das sorgt in der Union für Unmut. Betroffen wären nicht nur Migranten, sondern auch Deutsche, die ausländische Angehörige zu sich holen wollen.
Seehofer verteidigte die Regelung: „Das halten wir für absolut verantwortlich“, sagte der Minister. Zudem sei im Ministerium kein entsprechender Fall bekannt, es gehe um eine „sehr abstrakte Diskussion“. Justizministerin Katarina Barley (SPD) sagte, es gehe nur darum, dass Einzelfälle genau geprüft werden könnten, „nicht mehr und nicht weniger“.
Das internationale Kinderhilfswerk Terre des Hommes sieht das Wohl der betroffenen Kinder verletzt. Vorstandssprecher Albert Recknagel warnte, die Trennung von Familien werde so zementiert. Der Generalsekretär der Hilfsorganisation Care, Karl-Otto Zentel, erklärte: „Jede Familie, die getrennt ist, ist ein Härtefall.“
Caritas-Präsident Peter Neher befürchtet komplizierte Entscheidungsprozesse zu Lasten der Flüchtlinge: „Wir sind in Sorge, dass sich die Verfahren für die betroffenen Familien noch weiter verzögern und sich ihr Leid durch die inhumanen Familientrennungen noch verschlimmert.“
Auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt fürchtet, das „Grundrecht auf Zusammenleben der Familie“ bleibe auf der Strecke. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, sprach von einem „Schlag ins Gesicht der betroffenen Familien“. „Der Bundestag darf diesem flüchtlingsfeindlichen und verfassungswidrigen Gesetz auf keinen Fall zustimmen.“
Der Sprecher der unionsgeführten Länder-Innenministerien, Lorenz Caffier, kritisierte, dass das bestehende Nachzugsverbot für Gefährder dann nicht gelten solle, wenn diese sich glaubhaft von ihrem früheren Handeln distanzieren. Ausländische Gefährder gehörten abgeschoben, sagte der Ressortchef von Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin. Die vom Kabinett beschlossene Regelung gefährde die innere Sicherheit erheblich.
Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel sagte, die Pläne der Bundesregierung seien „ein Stück aus dem Tollhaus“. Die migrationspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Linda Teuteberg, forderte eine „weitere Begrenzung des Familiennachzugs“ insgesamt, um die Integrationsfähigkeit Deutschlands nicht zu überfordern.