Kommentar Kanzlerkandidat Scholz: Die manifestierte Spaltung
Die Benennung von Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten sei ein kluger Zug der beiden SPD-Vorsitzenden, er sende ein Signal der Einheit und Stärke der Sozialdemokratie – sagte gestern der NRW-Vorsitzende der SPD, Sebastian Hartmann.
Und zielte damit derart daneben, dass gleich die gesamte Zielscheibe unerschüttert blieb.
Denn so sehr die SPD-Chefs Walter-Borjans und Esken – wohl auf hohen Druck – mit ihrer Entscheidung pro Scholz vordergründig auf Teamgefühl und breites innerparteiliches Spektrum spielen, so sehr werben sie seit eigener Amtsbewerbung für etwas im Ziel anderes: für eine linkere SPD, für Koalitionen mit Linkspartei und Grünen, für No-GroKo und viel mehr Umverteilung. Mit einer solchen Haltung, der ja wohl eine Analyse vorangegangen ist, Olaf Scholz als Kanzlerkandidaten ins Rennen zu schicken, ist inkonsequent. Und es verlangt dem Kandidaten Scholz und der Sozialdemokratie erneut alles ab.
Es geht eben nicht mehr darum, die sich so sehr um sich drehende Partei im Innern zu befrieden. Sondern mit allen Verantwortlichen ein Konzept zu leben, das ein Ziel hat, mit dem Menschen außerhalb des Apparats nicht fremdeln. Scholz ist ein kluger Kopf, wohl einer der klügsten der Partei, aber er steht für GroKo und Mitte, und der Wind in der SPD weht in eine andere Richtung – und Scholz ins Gesicht. Für das, was ein Großteil der Partei will, müsste er sich noch mehr verbiegen, als er es in den Wochen nach seinem gescheiterten Angriff auf die Parteispitze tun musste. Wenn man es gut mit ihm meint, darf man feststellen: Das ist schon einigen anderen gelungen, das derzeit prominenteste Beispiel dafür ist Markus Söder aus der CSU. Und der ist vielleicht schon bald Scholz’ kommender Gegner.