Karlsruhe verhandelt über Drei-Prozent-Hürde bei Europawahl

Karlsruhe (dpa) - Die Drei-Prozent-Hürde bei den Europawahlen steht in Karlsruhe auf dem Prüfstand. „Es gibt einiges zu erörtern“, sagte Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle am Mittwoch zu Beginn der Verhandlung.

Dem Gericht liegen die Klagen mehrerer kleiner Parteien und über 1000 Bürgern gegen die seit Oktober geltende Sperrklausel vor. Die Kläger werfen den im Bundestag vertretenen Parteien vor, mit der Hürde eigene Interessen verfolgt zu haben. Bei drei Prozent fielen Millionen Wählerstimmen unter den Tisch, sagte Sascha Giller von der Partei „Die Freiheit“. Das benachteilige Wähler und fördere Politikverdrossenheit. Mit der späten Regelung verhinderten die sogenannten etablierten Parteien außerdem, dass sich die kleinen Parteien auf die im Mai 2014 anstehende Europawahl vorbereiten könnten, sagte der Vertreter der ÖDP und der Freien Wähler (FW), Hans Herbert von Arnim, in Karlsruhe.

Aus Sicht des Bundestages ist die Klausel notwendig, um Zersplitterung im EU-Parlament zu verhindern. In allen anderen EU-Ländern gebe es eine derartige Sperrklausel, sagte Bundestags-Vertreter Christopher Lenz. Es sei ein Problem, wenn das Parlament bei wichtigen Fragen, wie etwa dem Haushalt, wegen Zersplitterung nicht handeln könne, warb auch Grünen-Politiker Volker Beck für die Klausel. „Wir wollten diese Defizite beseitigen“.

2011 hatten die Verfassungsrichter die damals geltende Fünf-Prozent-Klausel gekippt. Sie begründeten dies vor allem damit, dass das EU-Parlament auch mit vielen kleinen Parteien funktioniere. Ob das heute noch der Fall ist, will das Gericht jetzt genau prüfen. „Jede Sperrklausel stellt einen Eingriff in die Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit der Parteien dar“, sagte Voßkuhle dazu. Dieser müsse gerechtfertigt sein.

Die Richter hatten daher viele Fragen an EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. Das EU-Parlament müsse bei den Gesetzgebungsverfahren eine enorme Integrationsleistung erbringen, sagte dieser. Wenn ein Gesetzesentwurf nicht in erster und zweiter Lesung eine qualifizierte Mehrheit habe, sei die Exekutive am Zuge.