Karlsruhe weist Klagen gegen ESM endgültig ab

Karlsruhe (dpa) - Das Bundesverfassungsgericht hat die Klagen gegen den Euro-Rettungsschirm endgültig abgewiesen und damit eine zentrale Maßnahme zur Stabilisierung der Gemeinschaftswährung auf sicheren Boden gestellt.

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Trotz der Verpflichtungen aus dem „Europäischen Stabilitätsmechanismus“ (ESM) bleibe dem Bundestag noch genug Kontrolle über den Staatshaushalt, entschieden die Richter in dem am Dienstag verkündeten Urteil.

Politik und Finanzwelt reagierten mit Zustimmung. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht den Kurs der Bundesregierung bei der Euro-Rettung durch die Entscheidung bestätigt: „Das stärkt Glaubwürdigkeit und schafft Vertrauen.“

Schon im Herbst 2012 hatte das Gericht mit einer Eilentscheidung den Weg für die deutsche Beteiligung am ESM unter Auflagen freigemacht. Das Urteil vom Dienstag betrifft die Einrichtung des ESM, den europäischen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin sowie verschiedene Begleitmaßnahmen. „Das Ergebnis ist eindeutig: Die Verfassungsbeschwerden sind teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet“, sagte Voßkuhle.

Es müsse jedoch sichergestellt werden, dass Deutschland rechtzeitig und vollständig zahlen könne, wenn weiteres Kapital nachgeschossen werden müsse. Damit soll verhindert werden, dass das Stimmrecht Deutschlands in den ESM-Gremien bei Zahlungsverzug ausgesetzt wird. Absehbare Zahlungspflichten müsse der Bundestag schon im Voraus in den Haushaltsplan aufnehmen. Die Richter des Zweiten Senats betonten erneut, dass der Bundestag die Kontrolle über grundlegende haushaltspolitische Entscheidungen behalten müsse.

Der ESM kann Euro-Ländern gegen Reformauflagen Darlehen gewähren, wenn die Stabilität des Euroraums oder eines einzelnen Mitgliedstaates bedroht ist. „Der erfolgreiche Programmausstieg von Spanien und Irland Ende 2013, die Fortschritte in den anderen Programmländern und die wirtschaftliche Erholung der Währungsunion insgesamt zeigen, dass diese Strategie funktioniert“, sagte ESM-Direktor Klaus Regling. Das Karlsruher Urteil sei „eine gute Entscheidung für Europa und für Deutschland“.

In Karlsruhe geklagt hatten unter anderen die Bundestagsfraktion der Linken, der Verein „Mehr Demokratie“ mit mehr als 37 000 Bürgern sowie der stellvertretende CSU-Vorsitzende Peter Gauweiler. Sie wollten größtenteils einen Beitritt Deutschlands zum ESM ganz verhindern. Unter anderem fürchteten sie, der Bundestag werde die Kontrolle über den Haushalt verlieren.

„Wir haben nicht alles erreicht, was wir erreichen wollten, aber so unzufrieden bin ich mit dem Verfahren gar nicht“, sagte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi. Europapolitisch bedeute das Urteil: „Die Haushaltshoheit des Bundestags muss bestehen bleiben. Das setzt Grenzen für die Zukunft, und das ist nicht unwichtig“, sagte Gysi. CSU-Vize Peter Gauweiler sagte, die Gefahr von unverantwortlichen Belastungen des Bundeshaushalts sei wesentlich verkleinert worden.

Einen Teil des Verfahrens hatten die Richter bereits vorher abgetrennt und im Januar dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorgelegt. Dabei geht es darum, ob die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrem umstrittenen Programm zum Kauf von Staatsanleihen innerhalb ihrer Kompetenzen geblieben ist. Diese Fragen sind weiterhin offen und müssen zunächst vom EuGH geklärt werden.

Deutschland hat bislang rund 22 Milliarden Euro in den ESM eingezahlt und sich zur Bereitstellung von weiteren rund 168 Milliarden Euro an abrufbarem Kapital verpflichtet. Hieraus lasse sich „keine Beeinträchtigung der haushaltspolitischen Gesamtverantwortung des Bundestags ableiten“, entschied das Gericht. Eine absolute Obergrenze könnte allenfalls überschritten sein, „wenn die Haushaltsautonomie des Bundestags zumindest für einen nennenswerten Zeitraum praktisch vollständig leerliefe“, heißt es in der Urteilsbegründung.

Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) soll klamme Mitgliedstaaten der Eurozone durch Finanzhilfen unterstützen, um die Zahlungsunfähigkeit zu verhindern. Mit der Hinterlegung der deutschen Ratifikationsurkunde am 27. September 2012 wurde der Rettungsschirm aktiv.

Soweit die Kläger sich gegen das Zahlungssystem der Zentralbanken des Eurosystems („TARGET 2“), die Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Bundestag und seinen Ausschüssen und verschiedene Maßnahmen zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik wenden, erklärten die Richter die Klagen für unzulässig.