Kaum Perspektiven für Langzeitarbeitslose

DGB und Diakonie fordern die Politik auf, in den sozialen Arbeitsmarkt zu investieren.

In NRW sind derzeit 300.000 Menschen als Langzeitarbeitslose registriert.

Foto: Julian Stratenschulte

Düsseldorf. Rühmte sich die NRW-SPD zu Wahlkampfzeiten noch mit der „niedrigsten Arbeitslosigkeit seit 1993“, mochten die nackten Zahlen den Genossen zunächst Recht geben. Langsam, aber stetig sank die Arbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen fünf Jahren — landesweit waren im Mai dieses Jahres 702 375 Menschen ohne Job.

Doch hält sich in NRW dennoch hartnäckig eine Gruppe von Menschen, die auch vom schönsten Strukturwandel und zahlreichen neuen Jobs etwa im Dienstleistungssektor nicht profitiert: Langzeitarbeitslose. Rund 300 000 Menschen sind seit mindestens einem Jahr ohne Arbeit, ihre Probleme oft zu komplex, als sie mit den gängigen Instrumenten wie Umschulungen oder Bewerbungstrainings beheben zu können. Vielen von ihnen machen auch gravierende gesundheitliche Beeinträchtigungen zu schaffen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und das Diakonische Werk Rheinland-Westfalen-Lippe (Diakonie RWL) sehen die Politik in der Verantwortung, der Langzeitarbeitslosigkeit in NRW den Kampf anzusagen. Bei einer Pressekonferenz forderten sie mit einer Stimme die designierte Landesregierung auf, in NRW einen sozialen Arbeitsmarkt zu etablieren. „Das Dilemma wird sich nicht von allein auflösen“, ist der DGB-Vorsitzende Andreas Meyer-Lauber überzeugt, denn „bei den meisten entstandenen Jobs handelt es sich um qualifizierte Tätigkeiten, bei denen eine abgeschlossene Berufsausbildung Voraussetzung ist“.

Ein Kriterium, das die meisten Langzeitarbeitslosen nicht erfüllen. Für sie braucht es aus Sicht der Gewerkschafter je nach Lebensalter unterschiedliche Maßnahmen, um ihnen ein Leben ohne staatliche Unterstützung zu ermöglichen. Insbesondere ältere, ungelernte Langzeitarbeitslose benötigen laut DGB einen sozialen Arbeitsmarkt, der Helfertätigkeiten vorhält — die angebotenen Stellen sollten dabei sozialversichert, tariflich bezahlt und unbefristet sein.

Gerade eine Entfristung der öffentlich geförderten Programme spiele für die Betroffenen eine große Rolle, damit sie eines Tages auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen können. „Manche brauchen eben mehr Zeit. Und für sie ist es hinderlich, wenn über ihnen ständig das Damoklesschwert der Arbeitslosigkeit kreist“, argumentiert Meyer-Lauber.

Für wenig zielführend hält dagegen die Landesvereinigung der Unternehmer Nordrhein-Westfalen (Unternehmer NRW) einen dauerhaft geförderten, sozialen Arbeitsmarkt. „Oberstes Ziel muss immer eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt sein. Zentraler Hebel dafür ist eine Politik für Wachstum und Beschäftigung“, sagt Tanja Nackmayer von Unternehmer NRW auf Anfrage unserer Zeitung. „Gute Rahmenbedingungen für wettbewerbsfähige Beschäftigung — darauf muss die künftige Landesregierung ein Hauptaugenmerk richten.“ Öffentlich geförderte Beschäftigung leiste hingegen keinen nachhaltigen Beitrag in den ersten Arbeitsmarkt. Vielmehr drohe die Verdrängung von regulärer Beschäftigung in den Unternehmen.