Kein Anspruch auf Anonymität für Ex-Stasi-Spitzel
München (dpa) Ein früherer Stasi-Spitzel muss mit der Veröffentlichung seines Namens leben. Das Oberlandesgericht München (OLG) verwarf am Dienstag die Berufung des ehemaligen inoffiziellen Mitarbeiters (IM) der Stasi gegen das erste Urteil des Landgerichtes.
Eine Revision ist nicht zugelassen. Der 56-Jährige muss weiter hinnehmen, dass sein Bild mit vollem Namen auf der Webseite www.stasi-in-erfurt.de des Münchner Epidemiologen und Autors Joachim Heinrich veröffentlicht wird.
Eine schriftliche Begründung der Entscheidung steht noch aus. Allerdings ließ der Vorsitzende Richter Walter Weidenkaff erkennen, dass sein Senat die Informationsfreiheit sowie das Recht auf Forschung und Lehre sehr hoch bewertet. Die Aufarbeitung der Zeitgeschichte sei auch auf die Zukunft gerichtet, sagte Weidenkaff unter Bezug auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes. Sie zeige, welche Gefahr durch ein totalitäres System drohe und wie Wiederholungen zu vermeiden seien.
Heinrich, zu DDR-Zeiten Leiter einer Umweltgruppe, hatte Foto und Namen des Ex-Spitzels veröffentlicht. Das Bild zeigt die Besetzung der Erfurter Stasi-Zentrale im Dezember 1989; der Kläger ist unter Bürgerrechtlern zu sehen. Darum hielten sie ihn nach der Wende für einen der Ihren. Heinrich, der nach seinen Angaben selbst vom IM „Schubert“ ausgespäht wurde, stellte das im Text richtig. Das von ihm veröffentlichte Bild sei ein „historisches Dokument“, betonte er im Prozess.
Der Ex-Spitzel bestritt seine Tätigkeit für die Stasi nicht, die er unter Druck und in nicht herausgehobener Position ausgeübt haben will: „Ich war der Arsch der Nation“. Dagegen sprechen aber für Heinrichs Anwalt die beträchtlichen Einkünfte von etwa 600 DDR-Mark monatlich plus Aufwandsentschädigungen für den Spitzel. Dafür habe der Kläger „eine Reihe von Leuten verraten und ihnen schwere Nachteile zugefügt“.
Der Rechtsstreit ist möglicherweise noch nicht beendet. Der Klägeranwalt erwägt eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.