Kinder-Kriegsspiele in Kaserne Fall für Staatsanwalt

Bad Reichenhall/Berlin (dpa) - Fotos von Soldaten mit Totenschädeln, ekelerregende Aufnahmerituale und nun Kriegsspiele für Kinder: Gebirgsjäger aus Mittenwald sorgen immer wieder für Negativ-Schlagzeilen.

Die umstrittenen Kriegsspiele in einer Bad Reichenhaller Kaserne beschäftigen nun auch Justiz und Bundestag.

Die Staatsanwaltschaft im bayerischen Traunstein hat wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und wegen Volksverhetzung Vorermittlungen aufgenommen. Auch der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus, will die Vorgänge bei den Gebirgsjägern prüfen. An diesem Mittwoch steht das Thema auf der Tagesordnung des Verteidigungsausschusses. Selbst diplomatische Verwicklungen scheinen nicht mehr ausgeschlossen.

Bei einem Tag der offenen Tür hatten Kinder vor eineinhalb Wochen unter Anleitung von Soldaten der Gebirgsjägerbrigade 23 mit Zielerfassungssystemen von echten Panzerfäusten auf kleine Holzhäuser zielen können. Dafür war eigens ein Ort mit dem Schild „Klein-Mitrovica“ nachgebaut worden.

Die Stadt im Kosovo war seit dem Zweiten Weltkrieg mehrmals Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen - von 1999 an auch unter Beteiligung von KFOR-Truppen, zu denen die Gebirgsjäger aus Bad Reichenhall zählen. Der Botschafter des Kosovos sagte dem „Münchner Merkur“, der kosovarische Außenminister Enver Hoxhaj werde den Vorfall bei seinem Besuch in dieser Woche in Berlin ansprechen. Hoxhaj trifft sich am Freitag mit Außenminister Guido Westerwelle.

Die Federführung der Bundeswehr-Untersuchung hat die 10. Panzerdivision im baden-württembergischen Sigmaringen. „Wir versichern, dass alle Vorwürfe gewissenhaft überprüft werden und alles auf den Kopf gestellt wird“, sagte ein Sprecher am Dienstag. Zum Stand der Ermittlungen könne er aber noch keine Auskünfte geben.

Auch der Sprecher der Staatsanwaltschaft in Traunstein, Andreas Miller, hielt sich noch bedeckt. „Wir äußern uns (...) vorerst nicht zu den in Betracht kommenden Vorwürfen, weil wir erst den Sachverhalt klären müssen“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Auch der Wehrbeauftragte hat noch „keine eigenen Erkenntnisse“ zu dem Fall, wie ein Sprecher der dpa sagte. Eine Einschätzung sei frühestens nach der Sitzung des Verteidigungsausschusses am Mittwoch möglich.

Gebirgsjäger mit dem Edelweiß im Truppenabzeichen sorgen immer wieder für negative Schlagzeilen. So wurde Anfang 2010 bekannt, dass Rekruten bei den Gebirgsjägern in Mittenwald als Mutprobe rohe Schweineleber essen oder bis zum Erbrechen Alkohol trinken mussten. 2006 schockierten Fotos die Öffentlichkeit, auf denen Soldaten ebenfalls aus Mittenwald mit Schädeln von Toten in Afghanistan posierten. Die Münchner Staatsanwaltschaft stellte ihre Ermittlungen damals ein. Der Anfangsverdacht einer Störung der Totenruhe habe sich nicht bestätigt, hieß es zur Begründung.