Koalition will Ausländerrecht verschärfen

Berlin (dpa) - Die Koalitionsfraktionen wollen Zuwanderer mit einem verschärften Ausländerrecht zum besseren Deutschlernen drängen. Union und FDP im Bundestag einigten sich zugleich auf ein eigenständiges Bleiberecht für integrierte ausländische Minderjährige unabhängig von ihren Eltern.

Einwanderer aus Staaten mit Visumspflicht wie Türkei oder Ägypten sollen nach den Plänen von Union und FDP solange nur eine auf höchstens ein Jahr befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten, bis sie den verpflichtenden Integrationskurs erfolgreich abgeschlossen haben. Werde der verbindliche Deutschkurs bestanden, könne der Ausländer eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung erhalten, sagte CDU-Innenexperte Reinhard Grindel am Donnerstag der dpa in Berlin. SPD, Grüne und die Türkische Gemeinde kritisierten die Pläne scharf. Das Innenministerium begrüßte den Vorstoß.

In Bayern scheiterte CSU-Chef Horst Seehofer schon in der Startphase mit seinem Vorstoß für eine Integrationspflicht für Einwanderer in der bayerischen Verfassung. Der Koalitionspartner FDP und die drei Oppositionsfraktionen im Landtag lehnten seinen beim Politischen Aschermittwoch geäußerten Vorschlag ab. Die für eine Verfassungsänderung erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag ist damit nicht in Sicht.

In einem der dpa vorliegenden Änderungsantrag der innenpolitischen Sprecher von Union und FDP, Hans-Peter Uhl (CSU) und Gisela Piltz (FDP), zum Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums heißt es, einem zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichteten Ausländer solle die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis „jeweils auf höchstens ein Jahr befristet werden, solange er den Integrationskurs noch nicht erfolgreich abgeschlossen (...) hat“.

Uhl sagte der Berliner „tageszeitung“ (taz), Ziel sei es, die Integrationsleistung zu überprüfen und bei einer Weigerung Sanktionen zu verhängen. „Es ist mir egal, ob das Anreize schafft oder Druck ausübt. Hauptsache, der Migrant lernt die deutsche Sprache.“

Grindel betonte, derjenige, der sich um Integration bemühe, könne in Deutschland bleiben. „Nur jener muss gehen, der sich beharrlich weigert, Integrationsangebote wahrzunehmen.“ Bisher „prüfen die Ausländerbehörden zu wenig, ob der Verpflichtung zum Besuch eines Integrationskurses tatsächlich nachgekommen wurde“. Knackpunkt für eine Ausweisung sei aber nicht das Bestehen des Deutschkurses. Dies könne von Menschen nicht verlangt werden, die zum Teil zunächst alphabetisiert werden müssten.

FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff sagte, mit der Einigung auf ein eigenständiges Bleiberecht für geduldete ausländische Minderjährige werde erstmals ein vom Aufenthaltsrecht der Eltern unabhängiges Bleiberecht in einem Bundesgesetz geschaffen. Die geplanten Verschärfungen im Ausländerrecht verteidigte er: Integration könne nur gelingen, wenn Zuwanderer den Wunsch und Willen hätten, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Zentrales Anliegen der FDP sei das Beherrschen der deutschen Sprache.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte der „Süddeutschen Zeitung“, das Aufenthaltsrecht vom Erfolg im Integrationskurs abhängig zu machen, „kann einen zusätzlichen Anreiz geben, sich zügig in die Lebensverhältnisse in Deutschland zu integrieren“.

SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz kritisierte dagegen, plakative Forderungen zum Deutschlernen würden in der Sache nicht weiterhelfen. Vielmehr müssten die Rahmenbedingungen für den Spracherwerb verbessert werden. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sagte „Handelsblatt Online“, die Beschränkung der schwarz-gelben Pläne auf Migranten mit Visumspflicht rieche nach Diskriminierung. Zudem würde das Ausländerrecht bürokratischer.

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, reagierte „besorgt und mit großer Enttäuschung“. Die Koalition mache sich CSU-Positionen zu eigen und schüre Vorurteile gegenüber Migranten, sagte er der Zeitung „Neues Deutschland“ (Freitag). Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) warnte vor einer Ausgrenzung der Zuwanderer.