Koalition zankt über neues Teilzeitgesetz

Berlin. Für die SPD ist es ein Herzensanliegen, für die Union eher eine Zumutung: Möglichst schon zum 1. Januar 2019 sollen Teilzeitbeschäftigte unter bestimmten Voraussetzungen ein Recht zur Rückkehr in Vollzeit bekommen.

Im November 2017 demonstrierten Metaller für eine Rückkehrrecht auf Vollzeit. Die SPD ist unter bestimmten Voraussetzungen dafür und will ein entsprechendes Gesetz auf den Weg bringen, die Union dagegen möchte noch an Formulierungen feilen.

Foto: Daniel Bockwoldt

Doch der Zeitplan für das Gesetz wackelt. Hintergrund ist ein Streit um konkrete Formulierungen, wie mit den jetzt schon unbefristet arbeitenden Teilzeitbeschäftigten verfahren werden soll.

Die ursprünglich für diesen Mittwoch angesetzte Abstimmung im Bundeskabinett wurde deshalb verschoben. Nach Informationen unserer Zeitung brachte eine Runde der zuständigen Staatssekretäre in der vergangenen Woche keine Einigung auf die Vorlage, welche Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) Mitte April in die regierungsinterne Abstimmung gegeben hatte.

Derzeit haben Arbeitnehmer zwar ein Recht, von Vollzeit in Teilzeit zu wechseln. Umgekehrt gelingt das jedoch selten, obwohl viele gern wieder länger arbeiten würden. Schon in der vergangenen Wahlperiode hatte die SPD deshalb auf ein gesetzlich verbrieftes Rückkehrrecht gedrungen, was die Union im Interesse der Wirtschaft jedoch zu entschärfen suchte. Am Ende scheiterte das Vorhaben.

Die aktuelle Koalitionsvereinbarung zwischen Union und SPD knüpft nun an den damals schon fix und fertigen Referentenentwurf an. So soll das Recht auf befristete Teilzeit und die Rückkehr zur Vollzeit nur in Betrieben mit mehr als 45 Mitarbeitern gelten. Für Arbeitgeber, die zwischen 46 und 200 Beschäftigte haben, können maximal 14 Personen dafür in Frage kommen. Für die bereits jetzt unbefristet arbeitenden Teilzeitbeschäftigten ist kein Rechtsanspruch auf einen Wechsel in Vollzeit geplant. Laut Vorlage muss der Arbeitgeber aber künftig begründen, warum er dem Wunsch solcher Beschäftigten nach Vollzeitarbeit gegebenenfalls nicht nachkommen kann. Pikant daran: Der entsprechende Passus war auch schon in der alten Vorlage des Arbeitsministeriums enthalten. Beim Koalitionsstreit in der vergangenen Wahlperiode hatte dieser Punkt jedoch keine Rolle gespielt.

Nun sieht die Union in dieser sogenannten Beweislastumkehr ein Einfallstor für juristische Auseinandersetzungen zwischen Betrieben und Beschäftigten. Die genaue Gesetzesformulierung müsse daher so ausgestaltet sein, „dass ein einfacher Handwerksmeister ohne Konsultationen mit einem Spezialanwalt rechtssicher seinem Mitarbeiter antworten kann“, erläuterte der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, Peter Weiß, im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Wirtschaftsflügel von CDU und CSU hält die Beweislastumkehr nach den Worten ihres Spitzenvertreters Hans Michelbach dagegen schon im Grundsatz für „nicht praktikabel“. Hier seien „erhebliche Streitfälle“ zu befürchten, die sich negativ auf den Betriebsfrieden auswirken könnten, sagte Michelbach auf Anfrage. Wenn überhaupt, dann kämen dafür nur größere Unternehmen mit wenigstens 90 statt bereits 46 Mitarbeitern in Frage, so der CSU-Politiker.

Arbeitsminister Heil lässt diese Einwände nicht gelten. Er habe eine „gute Lösung“ gefunden, die „kein Unternehmen überfordert“, stellte der Sozialdemokrat im Dienstag klar. Unterstützung kam von der saarländischen SPD-Landesvorsitzenden Anke Rehlinger: „Verhandelt wurde in wochenlangen Sondierungsgesprächen und Koalitionsverhandlungen genug, es kann jetzt nur noch um die Umsetzung gehen“, sagte Rehlinger unserer Reaktion. Die Union müsse aufhören, sich in „kleinteiligen Nachverhandlungswünschen zu verlieren“. Wenn beim klar vereinbarten Recht zur Rückkehr von Teilzeit- auf Vollzeit von der Union unnötige Abwehrgefechte geführt würden, dann fördere das nur die Politikverdrossenheit, kritisierte Rehlinger.