Kraftwerke: Aufstand gegen Gabriels Kohle-Pläne
Betriebsräte und Parteien bangen um Zigtausende Arbeitsplätze in den Kraftwerken in NRW.
Düsseldorf. Die Kohle-Pläne von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) haben in NRW über Parteigrenzen hinweg Unruhe ausgelöst. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) habe Montag in einem Gespräch mit Gabriel in Berlin ihre Sorge um die Arbeitsplätze in der Braunkohleregion geäußert, hieß es aus der Düsseldorfer Staatskanzlei. Gabriel hat dem Vernehmen nach zugesagt, die Auswirkungen seines Konzepts zu prüfen.
Auch beim Kraftwerksbetreiber RWE ist die Sorge groß. „30 000 Arbeitsplätze in den Kraftwerken und in der Förderung und weitere rund 70 000 in der Region wären akut gefährdet“, sagte Dieter Faust, Gesamtbetriebsrat (GBR) der RWE Power AG.
Der Bundeswirtschaftsminister will den CO2-Ausstoß alter Kohlekraftwerke mit einer Klimaschutzabgabe drosseln. Die Kohlendioxid-Emissionen der rund 500 fossilen Kraftwerke sollen bis 2020 um insgesamt 22 Millionen Tonnen Kohlendioxid zurückgefahren werden. Fällig werden soll die Abgabe für Betreiber von Kraftwerken, die älter als 20 Jahre sind.
Vor allem ältere Anlagen sollen mit der Klimaabgabe belegt werden. Konkret genannt werden in dem Papier die 300-Megawatt-Blöcke der RWE AG. Solche befinden sich in Weisweiler, Frimmersdorf, Neurath und Niederaußem. Der Essener Energie-Konzern RWE geht sogar davon aus, dass 40 Prozent der gesamten Anlagen stillgelegt werden müssten, sollten die Vorschläge umgesetzt werden.
Der aktuelle deutsche Netzentwicklungsplan sieht in seinen Szenarien vor, dass die Stromerzeugung aus Braunkohle bis zum Jahr 2025 um bis zu sieben Gigawatt abnimmt. RWE spricht von zehn Gigawatt.
Experten gehen davon aus, dass der Strommarkt dezentraler wird und von mehreren kleineren Stromerzeugern, in Deutschland vorrangig Windenergie— und Photovoltaik-Anlagen, getragen wird. Parallel will die Bundesregierung Anreize für dezentrale Anlagen schaffen.
Der Netzausbau und die Optimierung des europäischen Stromnetzes sollen helfen, Spitzen und Engpässe zu bewältigen. Dies bedeutet, dass Deutschland auch Strom aus Kernkraftwerken und Braunkohle-Kraftwerken anderer Staaten bezieht. Ein Teil des Braunkohle-Kraftwerkparks soll erhalten bleiben. Dies betrifft vor allem die neueren Anlagen wie die BoA-Blöcke Neurath (Braunkohlekraftwerk mit optimierter Anlagentechnik).
Tagebaue und Kraftwerke sind aneinandergekoppelt. Der Tagebau Garzweiler bedient vorrangig das Kraftwerk Neurath, der Tagebau Hambach transportiert seine Kohle nach Niederaußem, Neurath, Frimmersdorf und Goldenberg. Das Kraftwerk Weisweiler wird ausschließlich mit Kohle aus dem Tagebau Inden versorgt. Bei Kraftwerks-Schließungen sind auch die Tagebaue unmittelbar betroffen.
RWE ist dazu verpflichtet, den Rückbau und die Rekultivierung vorzunehmen, lässt allerdings das weitere Vorgehen offen: „Es ist fraglich, ob derartige Modelle, die die betroffenen Kraftwerksbetreiber diskriminieren, europarechts- und verfassungskonform sind.“ Bestehende Genehmigungen seien gefährdet, die Rekultivierungsplanung hinfällig.