Kriminalität steigt - Aufklärungsquote sinkt

Berlin (dpa) - Erstmals seit sieben Jahren ist die Kriminalität in Deutschland wieder leicht angestiegen. Nach der am Mittwoch vorgelegten „Polizeilichen Kriminalstatistik“ wurden im vergangenen Jahr 5,99 Millionen Straftaten registriert.

Dies bedeutet einen Zuwachs um ein Prozent im Vergleich zu 2010.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) verurteilte bei der Vorlage der Zahlen vor allem zunehmende Gewalt gegen Polizisten - und forderte aus aktuellem Anlass die Fußball-Vereine zum Durchgreifen gegen Hooligans auf.

Die Aufklärungsquote bei allen Straftaten sank von 56,0 auf 54,7 Prozent. Wie in den Vorjahren dominieren Diebstahldelikte mit einem Anteil von 40,1 Prozent an der Gesamtkriminalität. 2011 sind diese Delikte um 4,4 Prozent angestiegen. Besonders stark zugenommen haben Wohnungseinbrüche. Bei der Gewaltkriminalität wurde dagegen ein leichter Rückgang verzeichnet. Dies sei jedoch „keine Trendwende“, sagte Friedrich.

Auch die Straßenkriminalität ist wieder leicht um 2,2 Prozent angestiegen. Verglichen mit den 90er Jahren liegt sie aber deutlich niedriger. 2011 wurden in diesem Bereich mehr als eine Million Delikte weniger registriert - ein Minus von 42 Prozent gegenüber 1993. Auch die Kriminalität insgesamt ist in diesem Zeitraum um 11,3 Prozent zurückgegangen. Die Aufklärungsquote stieg von 43,8 auf jetzt 54,7 Prozent.

Erstmals erfasst die Statistik auch Gewalt gegen Polizisten „in Ausübung ihres Dienstes“. 54 800 Polizeibeamte wurden Opfer einer Straftat. „Das ist etwas, was wir nicht hinnehmen können“, sagte Friedrich.

Von den Fußball-Vereinen forderte er ein entschlosseneres Vorgehen gegen Gewalt in den Stadien. Ohne direkt auf die Tumulte beim Relegationsspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC am Dienstagabend einzugehen sagte Friedrich, die Vereine seien in der Pflicht, ihr Hausrecht in den Stadien auszuüben. Kontrollen müssten verschärft, Stadionverbote für Hooligans und Gewalttäter auch bundesweit durchgesetzt werden.

Die erfassten Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern haben 2011 erneut zugenommen: Die Zahl stieg um 4,9 Prozent. In diesem Feld muss nach Ansicht von Experten mit einer hohen Dunkelziffer gerechnet werden. Massiv zugenommen hat der Besitz und die Beschaffung von Kinderpornografie. Hier wurde ein Plus von 23,3 Prozent registriert.

Regional wurden erneut große Unterschiede ermittelt. Das Bundesland mit der geringsten Kriminalität ist wieder Bayern, wo es im Vergleich die wenigsten Straftaten pro 100 000 Einwohner gab. Dahinter folgt Baden-Württemberg. Die meisten Straftaten gab es in Berlin, gefolgt von den anderen beiden Stadtstaaten Bremen und Hamburg. Unter den Großstädten hat München die geringste Kriminalitätsrate, Frankfurt/Main die höchste.

Die Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht, warf Friedrich vor, er glaube seiner eigenen Statistik nicht. Obwohl die Gewalttaten von Jugendlichen um 10,7 Prozent zurückgegangen seien, habe die Koalition den umstrittenen „Warnschussarrest“ für jugendliche Straftäter eingeführt.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) machte „völlig verfehlte Sparmaßnahmen bei der Polizei“ für die Entwicklung verantwortlich. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) nannte vor allem den Wegfall der Grenzkontrollen Ende 2007 als Ursache des Anstiegs der Kriminalität.