Ergebnis des Spitzentreffen Kurz und knapp: Union und SPD wollen sechs Tage sondieren
Berlin (dpa) - Nach monatelanger Hängepartie wollen Union und SPD jetzt rasch Klarheit schaffen: Am 7. Januar starten sie offiziell in die Sondierungen über eine Regierungsbildung - schon bis zum 12. Januar soll es ein Ergebnis geben.
Dann soll feststehen, ob die Spitzen von CDU, CSU und SPD den Parteigremien den Einstieg in Koalitionsverhandlungen empfehlen. Wenn ja, könnte eine Regierung im März oder April stehen.
Zu Jahresbeginn wollen die Parteien getrennt die Sondierungen vorbereiten, erklärten die Spitzen von CDU, CSU und SPD nach einem rund siebenstündigen Treffen in Berlin. Vom 7. Januar an sind dann mehrere gemeinsame Termine bis zum 11. Januar angesetzt - „mit dem Ziel, zum 12. Januar 2018 ein Ergebnis vorzulegen, das in den Parteigremien und Fraktionen beraten werden wird“. Für die Gespräche sind 15 Themenblöcke vorgesehen.
Seit der Bundestagswahl am 24. September sind bereits mehr als drei Monate vergangen. Im November waren die Jamaika-Verhandlungen von CDU, CSU, FDP und Grünen gescheitert. Die SPD hatte sowohl am Wahlabend als auch nach dem Abbruch der Jamaika-Verhandlungen noch jede Regierungsbeteiligung strikt abgelehnt - und sich erst von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dazu drängen lassen, doch noch mit der Union über eine mögliche Regierungsbildung zu reden.
Nach einem ersten Spitzentreffen vor einer Woche vereinbarten die Chefs von CDU, CSU und SPD - Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz - nun gemeinsam mit den Fraktionsspitzen beider Seiten einen konkreten Fahrplan und die Themenpalette der Sondierungen. An erster Stelle werden hier Finanzen/Steuern genannt, es folgen unter anderem Wirtschaft, Energie, Familie, Innen/Recht sowie Migration/Integration. Als letzter von 15 Themenblöcken wird der Punkt „Arbeitsweise der Regierung und Fraktionen“ genannt.
Der SPD unterlief an dieser Stelle eine Panne: In einem von der SPD-Fraktionspressestelle zunächst verschickten Papier hieß dieser Punkt zunächst „Arbeitsweise der Koalition“. Dies ließe sich verstehen als Widerspruch zu den offiziellen Beteuerungen von Schulz, man verhandle auch über andere Varianten als eine erneute große Koalition. Wenig später korrigierte die SPD diese Version. Sie erklärte, die erste Version sei eine „nicht aktualisierte Fassung“.
Merkel hat klar gemacht, dass sie nur über eine stabile Regierung verhandeln will - und damit über eine große Koalition. In der SPD gibt es nach dem 20,5-Prozent-Debakel bei der Bundestagswahl aber große Ablehnung gegen eine Neuauflage von Schwarz-Rot.
Am 21. Januar soll ein SPD-Parteitag voraussichtlich entscheiden, ob die Sozialdemokraten förmliche Koalitionsverhandlungen aufnehmen. In dem Fall müsste ganz am Ende die Basis in einer Mitgliederbefragung auch noch über einen möglichen Koalitionsvertrag abstimmen.
Schulz und die SPD-Spitze beteuern stets, dass sie die Gespräche mit der Union „ergebnisoffen“ führen wollen. Mit drei Varianten: eine Fortsetzung der großen Koalition, eine Teilkoalition mit Zusammenarbeit bei einigen Kernpunkten sowie die Tolerierung einer CDU/CSU-Minderheitsregierung.
Nach dem Spitzengespräch verzichteten die potenziellen Partner demonstrativ auf Statements. Sie veröffentlichten lediglich eine schriftliche Erklärung: eine Seite mit dem straffen Zeitplan und den geplanten Themen. In der Erklärung war von einem guten Gespräch in „vertrauensvoller Atmosphäre“ die Rede. Seehofer ließ sich beim Rausgehen nur wenig entlocken. „Wir können Weihnachten entspannt begehen und den Jahreswechsel abwarten“, sagte er. SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles nannte die Stimmung „gut“.
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider hält die Bildung einer Regierung bis Anfang April für möglich. „Ich gehe davon aus, dass wir Ostern das schaffen können“, sagte er im ZDF. Ostersonntag fällt 2018 auf den 1. April. „Ich bin mir sicher, dass die Kanzlerin auch weiß, sie wird jetzt sehr viel mehr eingehen müssen, (...) um eine stabile Regierung zu bilden mit der SPD“, sagte er.
Schulz feierte am Mittwoch seinen 62. Geburtstag. Von Seehofer bekam der SPD-Chef auch ein Geschenk: einen bayerischen Löwen aus Nymphenburger Porzellan, wie zu hören war. Ob es derart harmonisch weitergeht, bleibt abzuwarten.
Ex-Bundestagspräsident Norbert Lammert geht nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung von einem Scheitern der Verhandlungen für eine große Koalition aus. Der CDU-Politiker und Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung habe im kleinen Kreis die Prognose ausgegeben, es werde eine vorgezogene Neuwahl geben ohne eine erneute Kandidatur Merkels. Er rechne mit einer schwarz-grünen Koalition.
Auch die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) rechnet mit einer Neuwahl, falls Verhandlungen über eine neue große Koalition scheitern sollten. Wenn man sich nicht einige, könnten CDU und CSU „nicht die vier Jahre mit einer Minderheitsregierung durchregieren“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Saarbrücken. „Sondern dann müsste man eventuell sogar schon im Sommer über Neuwahlen reden.“