Länder drücken in der Flüchtlingspolitik aufs Tempo
Mainz (dpa) - Angesichts der weiter steigenden Flüchtlingszahlen drängen die Länder den Bund zu schnellerem Handeln.
„Der Bund muss sich bewegen und kann nicht auf Zeit spielen“, sagte der rheinland-pfälzische Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz (SPD), nach einer Sonder-Telefonkonferenz der Ressortchefs. „Wir haben keine Zeit, wir haben tagtäglich die Herausforderungen zu bewältigen.“
In der Telefonkonferenz forderten die Länderminister vor allem schnellere Klarheit zur weiteren Entwicklung der Flüchtlingszahlen. Das Bundesinnenministerium habe die nächste Prognose erst für Ende August oder Anfang September in Aussicht gestellt, sagte Lewentz der Deutschen Presse-Agentur. „Das ist viel zu spät.“
Das Bundesinnenministerium habe der Einschätzung nicht widersprochen, dass die bislang genannte Zahl von bundesweit 400 000 Erst- und 50 000 Folge-Anträgen in diesem Jahr wohl deutlich überschritten werde, sagte Lewentz. Bundesländer und Kommunen seien auf frühzeitige und verlässliche Zahlen angewiesen. „Wir müssen jetzt Vorkehrungen für die Unterbringung im Winter treffen“, erklärte der Mainzer Minister mit Blick auf die Errichtung von Zeltunterkünften für Flüchtlinge auch im eigenen Bundesland. Planungssicherheit sei auch wichtig, um in den Länderhaushalten Vorsorge treffen zu können.
Im ersten Halbjahr 2015 beantragten rund 179 000 Menschen in Deutschland Asyl - mehr als doppelt so viel wie ein Jahr zuvor. Folge-Anträge können nach einer ersten Ablehnung gestellt werden, wenn sich danach die Sachlage zugunsten des Bewerbers geändert hat.
Die Innenminister der Länder forderten nach Angaben von Lewentz eine möglichst schnelle Aufstockung des Personals beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), das für die Bearbeitung der Asylanträge zuständig ist. Die Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Emily Haber, habe die Besetzung der 1000 in diesem Jahr zugesagten Stellen bis Ende November in Aussicht gestellt, sagte Lewentz. Weitere 1000 Stellen sollen im nächsten Jahr folgen.
„Wir müssen die Bugwelle unbearbeiteter Anträge in den Griff bekommen“, sagte Lewentz. Bis Ende des Jahres sei ein Rückstand von 200 000 Fällen zu erwarten. „Das ist für Länder und Kommunen eine sehr unbefriedigende Situation, auch wenn wir durchaus die Schwierigkeiten beim BAMF sehen.“