Abzocke bei Altersvorsorge beseitigen Lauterbach: Die Entlastung für Betriebsrentner kommt
Düsseldorf · Der SPD-Sozialexperte Karl Lauterbach sieht eine Chance, nach der Europawahl mit der Union eine Neuregelung bei den Betriebsrenten zu schaffen. Kanzlerin Merkel sperrt sich noch.
Karl Lauterbach macht Millionen Betriebsrentnern Hoffnung. „Eine Entlastung dieser Menschen von doppelten Krankenkassen- und Pflegekassenbeiträgen ist dringend geboten und wird kommen. Dafür kämpfe ich“, sagte der SPD-Sozialexperte im Gespräch mit dieser Zeitung. „Meine Zuversicht, dass wir das in der großen Koalition nach der Europawahl schaffen, ist in jüngster Zeit zwar nicht gewachsen, aber sie ist immer noch da.“
Worum geht es? Um die Finanzen der vor knapp 20 Jahren hoch defizitären gesetzlichen Krankenkassen zu sanieren, griff die damalige rot-grüne Bundesregierung mit Zustimmung der Union den Betriebsrentnern in die Tasche. Sie müssen seit 2004 in der Auszahlungsphase nicht mehr nur den Arbeitnehmerbeitrag an die Sozialkassen zahlen, sondern auch den Beitrag, den im Berufsleben der Arbeitgeber zahlt. Macht zusammen etwa 18 Prozent.
Die Gesetzesänderung galt rückwirkend und auch für Menschen, die gar keine Betriebsrente, sondern eine Direktversicherung abgeschlossen hatten. Diese Form der privaten Altersvorsorge war bis 2004 in der Auszahlungsphase vollkommen beitragsfrei. Weil Direktversicherungen über den Arbeitgeber laufen, konnte die Politik sie zur Betriebsrente erklären.
CDU-Fraktionsvize Linnemann pocht auf Parteitagsbeschluss
Wenn alle Betroffenen nur noch den halben Beitrag bezahlen, verlieren die Sozialkassen etwa drei Milliarden Euro im Jahr. SPD-Politiker Lauterbach will, dass die gesetzlichen Krankenkassen das ausgleichen. „Die haben dank der guten wirtschaftlichen Lage Finanzreserven von 21 Milliarden Euro aufgebaut. Und wenn das Geld in ein paar Jahren knapp werden sollte, holen wir mehr Gutverdiener in die gesetzlichen Kassen. Viele wollen das“, so Lauterbach.
Die CDU möchte den Betriebsrentnern ebenfalls helfen. Auf dem Parteitag im Dezember 2018 in Hamburg wurde beschlossen, die Doppelbelastung abzuschaffen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sperrt sich noch dagegen, weil die Entlastung nicht im Koalitionsvertrag steht.
Das will Carsten Linnemann (CDU) nicht akzeptieren. „Der Beschluss des Parteitages gilt und lässt sich nicht einfach wegwischen“, so der Fraktionsvize und Chef der Mittelstandsvereinigung auf Nachfrage dieser Zeitung. „Ich will, dass die CDU/CSU-Fraktion das Thema diskutiert und eine Entscheidung trifft.“
Anders als Lauterbach möchte Linnemann die Einnahmeausfälle von drei Milliarden Euro zum Großteil über Steuern ausgleichen. Er folgt damit den Vorstellungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Der möchte dafür den Bundeszuschuss für versicherungsfremde Kassenleistungen von 14,5 auf 17 Milliarden Euro erhöhen und weniger als die SPD auf die Reserven der Kassen zurückgreifen. „Es bleibt das Ziel von Jens Spahn, die Betriebsrentner zu entlasten. Wie das passieren kann, wird zur Zeit innerhalb der Bundesregierung intensiv beraten“, heißt es aus dem Ministerium.