Lokführer gehen mit dem Streik aufs Ganze

Die Deutsche Bahn steht vor dem nächsten großen Ausstand. Intern kämpfen zwei Gewerkschaften um die Vorherrschaft.

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Frankfurt/Berlin. Claus Weselsky hat für seinen Kurs die erhoffte Rückendeckung bekommen. Der Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) kann weiter auf Konfrontation zur Deutschen Bahn gehen. In der Urabstimmung zum Tarifkonflikt mit dem Unternehmen sprachen sich 91 Prozent der teilnehmenden Mitglieder dafür aus, weiter zu streiken. In der momentanen Lage ist das kein Traumergebnis, aber dennoch ein Auftrag, so weiterzumachen. Die GDL-Spitze geht damit aber auch ein hohes Risiko ein.

Sie führt diesen Arbeitskampf für mehr Geld, eine kürzere Wochenarbeitszeit und den Abbau von Überstunden. Der springende Punkt ist, dass sie dabei einen größeren Aktionsradius anstrebt. Künftig will sie nicht nur über die Tarifverträge der Lokführer verhandeln, sondern auch über diejenigen der Zugbegleiter, Speisewagen-Mitarbeiter und Lokrangierführer.

Damit macht sie der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) Konkurrenz. Die beharrt darauf, bei allen Berufsgruppen außer den Lokführern die Mitgliedermehrheit zu haben. Entsprechend will sie ihre tarifpolitische Zuständigkeit nicht an die GDL abgeben. Von dem von Berlin geplanten Gesetz zur Tarifeinheit ist die EVG nicht begeistert. Das Bahn-Management war lange auch skeptisch, inzwischen wünscht sich Bahnchef Rüdiger Grube Regeln, die die Gewerkschaften zu einer Kooperation verpflichten.

Das Gesetz soll dem Prinzip wieder Geltung verschaffen, dass in einem Betrieb nur ein Tarifvertrag gilt. Die GDL muss befürchten, dass die Regierung ihren Handlungsspielraum wie den anderer Spartengewerkschaften einschränkt. Möglicherweise könnte das Streikrecht beschnitten werden. Dann wäre die GDL ihrer wichtigsten Waffe beraubt. Allerdings ist dies indirekt vom Grundgesetz geschützt. Noch liegt der Entwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) nicht vor. Weselsky hat bereits angekündigt, dass die GDL vor das Bundesverfassungsgericht ziehen würde.

Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber machte wiederholt deutlich, was er vermeiden möchte: „Wir reden ja über konkurrierende, gegebenenfalls widersprüchliche Tarifverträge für ein und dieselbe Arbeitnehmergruppe.“ Und: „Wir haben die Sorge, dass der Betriebsfrieden gestört wird, dass Unruhe entsteht, Unordnung entsteht.“

Die dürfte auf jeden Fall mit dem nächsten Streik entstehen. Noch ist nicht klar, wie lange und in welchem Umfang die Lokführer die Arbeit niederlegen werden. Doch schon die beiden dreistündigen Warnstreiks haben die Macht der Lokführer gezeigt: Da bewegte sich auf den Schienen nicht mehr viel.