Interview Malu Dreyer: "Signal für einen gelingenden Föderalismus"

Bundesratspräsidentin Dreyer lobt Einigung zwischen Bund und Ländern

Malu Dreyer

Foto: dpa

Berlin. Nach zähem Ringen haben sich Bund und Länder auf eine Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen geeinigt. Malu Dreyer (SPD), rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin und seit Freitag auch amtierende Bundesratspräsidentin, sieht in dem neuen Finanzpakt einen Beleg für die Funktionsfähigkeit des Föderalismus. Unser Berliner Korrespondent Stefan Vetter fragte nach:

WZ: Frau Dreyer, was gab am Ende den Ausschlag für die Verständigung?

DREYER: Nach der jahrelangen Diskussion über dieses Schlüsselthema gab es den gemeinsamen Willen, endlich zu einem Abschluss zu kommen. Eine Triebfeder dabei war sicher auch die anstehende Bundestagswahl im kommenden Jahr. Denn je näher man diesem Datum kommt, desto schwerer wäre eine Einigung geworden. Das Verhandlungsergebnis gibt den Ländern Planungssicherheit im Umgang mit weiteren Investitionen, und es ist ein gutes Signal für einen gelingenden Föderalismus.

WZ: Der Bund muss für den Kompromiss finanziell kräftig bluten. Da lässt es sich als Ländervertreter gut loben...

DREYER: Kompromisse leben vom Geben und Nehmen. Nach der neuen Vereinbarung wird der Länderfinanzausgleich zu zwei Dritteln von den Ländern gestemmt und zu einem Drittel vom Bund. Derzeit ist das Verhältnis ungefähr 80 zu 20. Der Finanzausgleich bleibt aber immer noch eine große solidarische Leistung unter den Ländern. Er geht immer noch maßgeblich zu Lasten der so genannten finanziell starken Länder. Und das, obwohl die Länder insgesamt nach den Regelungen der Schuldenbremse keine Kredite mehr ab 2020 aufnehmen dürfen.

WZ: Bis Ende 2019 werden die neuen Länder noch über den Solidarpakt in besonderem Maße unterstützt. Wie sieht das künftig aus?

DREYER: Verabredet wurde, dass der Bund in Zukunft finanzschwachen Kommunen unter die Arme greifen kann. Unabhängig davon, ob sie im Osten oder Westen liegen.

WZ: Was passiert mit dem Solidarzuschlag?

DREYER: Das war in den jüngsten Verhandlungen nicht unser Thema. Es gibt ja Ideen, den Soli in die Einkommensteuer zu integrieren, bis hin dazu, ihn ganz abzuschaffen. Meines Wissens gibt es aber in der Bundesregierung selbst noch keine Einigung zu diesem Thema. Folglich konnte dazu auch keine gemeinsame Festlegung getroffen werden.

WZ: Der Bund hat darauf gedrungen, föderale Kompetenzen neu zu ordnen. Fällt nun endlich das so genannte Kooperationsverbot im Bildungsbereich?

DREYER: Nicht komplett. Aber es gibt Erleichterungen. Der Bund kann sich in Zukunft besser an Bildungsinfrastrukturmaßnahmen bei Kitas und Schulen beteiligen. Dazu ist eine Verfassungsänderung geplant. Schwierige rechtliche Hilfskonstruktionen wie jetzt werden dann nicht mehr nötig sein.

WZ: Wie geht es jetzt weiter?

DREYER: Für die Umsetzung der Beschlüsse sind auch noch zahlreiche andere Grundgesetzänderungen nötig. Das wird die politische Arbeit der kommenden Wochen und Monate bestimmen.