Medien-Affäre in Bayern sorgt für neue Schlagzeilen
München (dpa) - Die CSU hat in der Medien-Affäre mit einem weiteren Fall zu kämpfen. Das CSU-geführte Umweltministerium soll 2011 beim Bayerischen Rundfunk interveniert haben. Der Sender sieht keine Einflussnahme, doch die Opposition fordert Konsequenzen.
In der CSU-Medien-Affäre geht es nun auch um eine Beschwerde aus der Landesregierung beim Bayerischen Rundfunk. Die Sprecherin des Finanzministeriums, Ulrike Strauß, bestätigte am Samstag einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“, wonach sie am 17. März 2011 beim BR einen Fernsehbericht monierte. Laut „SZ“ waren darin Äußerungen des damaligen Umwelt- und heutigen Finanzministers Markus Söder (CSU) vor und nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima gegenübergestellt worden. Der Beitrag aus der Nachmittagsausgabe der BR-„Rundschau“ wurde am Abend - nach der Beschwerde - nicht mehr gesendet.
„Meiner Ansicht nach war der Beitrag aus journalistisch-fachlichen Gründen nicht sachgerecht“, sagte Strauß, die damals Sprecherin des Umweltministers war, der Nachrichtenagentur dpa. Der BR wehrt sich nun gegen den Verdacht, den Bericht aufgrund politischer Intervention aus dem Programm genommen zu haben. „Diese redaktionelle Entscheidung fiel vollkommen unabhängig vom Anruf der Sprecherin des Ministeriums nach den "Rundschau"-Nachrichten um 16.45 Uhr“, teilte der BR mit.
Die Opposition sieht in dem Fall ein weiteres Beispiel dafür, dass die CSU die Pressefreiheit missachte. Am Donnerstag war CSU-Sprecher Hans Michael Strepp zurückgetreten. Er soll vor einer Woche mit einem Anruf in der „heute“-Redaktion versucht haben, einen ZDF-Bericht über den bayerischen SPD-Parteitag zu verhindern.
Der BR erklärte: Der monierte Beitrag „war in seiner formalen Aufmachung als Magazin-Beitrag nicht passend für eine klassische Nachrichtensendung. Er wurde spontan eingesetzt, weil kurzfristig zwei andere Beiträge ausgefallen waren.“ In der Hauptausgabe um 18.45 Uhr und im Rundschau-Magazin um 21 Uhr sei der atompolitische Kurswechsel von Minister Söder unverändert kritisch in Form von Debattenbeiträgen beleuchtet worden. „Die Statements der Oppositionsparteien hatten großes Gewicht in der Berichterstattung.“
Söder hat nach eigenen Angaben nichts von der Beschwerde gewusst. „Der Anruf erfolgte ohne Auftrag und ohne mein Wissen“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Den monierten Fernsehbeitrag habe er auch nie gesehen. „Ich hatte an diesem Tag eine Regierungserklärung zum Thema Energiewende abzugeben“, erklärte Söder. „In der Nacht zuvor hatten wir beschlossen, (das Atomkraftwerk) Isar I abzuschalten.“ Eine Vergleichbarkeit mit dem Fall Strepp sehe er nicht, „da die Anregung nach Ausstrahlung des Beitrags erfolgt ist. Das ist Alltag zwischen Sprechern und Medien.“
Strauß hatte sich nach BR-Angaben zunächst beim CvD der Sendung gemeldet und kritisiert, dass die Bildauswahl im Beitrag nicht rein nachrichtlich war. Sie habe wissen wollen, ob der Beitrag nochmals ausgestrahlt werde. Anschließend habe sie den Redaktionsleiter zu Hause angerufen. Strauß habe dabei nicht gefordert, auf eine Ausstrahlung zu verzichten.
Der Redaktionsleiter der BR-„Rundschau“, Peter Marder, erklärte: „Frau Strauß sagte sinngemäß, man könne ihren Minister in einem solch ernsten Zusammenhang und dazu noch in einer Nachrichtensendung nicht als Eishockey-Spieler verkleidet auf einer Faschingsveranstaltung in Veitshöchheim zeigen. Das sei ein handwerklicher Fehler. Ich hatte den Beitrag nicht gesehen und sagte Frau Strauß, dass ich mich darüber informieren werde. Im übrigen bat ich Frau Strauß, mich künftig nicht mehr Zuhause anzurufen.“
Der Parlamentarische Geschäftsführers der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, forderte Konsequenzen: „Der Anruf offenbart, dass der Fall Strepp kein Einzelfall ist.“ Die CSU müsse ihr Verhältnis zur Pressefreiheit neu klären. „Die CSU ist schlicht zu lange an der Macht und benimmt sich, als ob Land, Leute und auch die Medien ihr gehörten“, kritisierte Oppermann.
Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Margarete Bause, erklärte: „Dieser neue Vorfall zeigt, dass sich das "System CSU" nicht geändert hat. Die CSU versucht offenbar mit allen Mitteln, ihre Macht durchzudrücken - auch auf Kosten der Pressefreiheit.“
Der Vorsitzende des Bundesverbandes Freie Wähler, Hubert Aiwanger, warf der CSU einen „Allmachtsanspruch“ vor. Die Partei versuche systematisch, Auftritte von Politikern anderer Parteien zu verhindern, sagte er dem „Focus“. „Dann werden Redner der CSU, bis hin zu Ministern, angeboten.“
Auch der Koalitionspartner FDP bescheinigte der CSU „Allmachtsansprüche“ und verlangte einen Kurswechsel. „Im Fall Strepp wie im Fall Ulrike Strauß muss der jeweilige Dienstherr über Konsequenzen nachdenken, wie solche Anrufe künftig abgestellt werden können“, forderte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Thomas Hacker. Die CSU agiere „nach dem Motto: bevormunden, beeinflussen, drangsalieren.“