CSU nach Medien-Affäre weiter massiv in der Kritik
München/Berlin (dpa) - Auch nach dem Rücktritt ihres Sprechers Hans Michael Strepp im Zuge der Medien-Affäre steht die CSU weiter im Kreuzfeuer der Kritik. SPD und Grüne erhöhten am Freitag vor allem den Druck auf Generalsekretär Alexander Dobrindt und Parteichef Horst Seehofer.
Es müsse geklärt werden, ob Strepp bei seinem ZDF-Anruf einen Auftrag gehabt habe. Dobrindt beteuerte seine Unschuld. „Ich habe keine Anweisung dazu gegeben - ein klares Nein“, sagte er. „Ich hätte auch diesen Anruf nicht geduldet, sondern ihn untersagt, wenn ich vorab davon erfahren hätte.“
Die Bayern-SPD rief Seehofer und Dobrindt auf, sich aus den ZDF-Gremien zurückzuziehen - Seehofer bis zur völligen Aufklärung der Affäre, Dobrindt endgültig.
Mit Strepps Rücktritt hatte die CSU am Donnerstag versucht, die Affäre in den Griff zu bekommen. Der 44-Jährige soll mit einem Drohanruf in der „heute“-Redaktion am Sonntag versucht haben, einen ZDF-Bericht über den bayerischen SPD-Parteitag zu verhindern. Er soll nach Angaben des zuständiges Redakteurs gedroht haben, „dass es im Nachklapp Diskussionen geben könnte, wenn das ZDF im Alleingang sende“. Zudem schrieb Strepp mehrere SMS-Nachrichten an ZDF und ARD.
Nach Angaben aus CSU-Kreisen soll Strepp intern inzwischen eingeräumt haben, dass er bei dem ZDF-Anruf von „Diskussionen“ gesprochen habe - allerdings nicht in Form einer Drohung, sondern im positiven Sinne.
Mehrere CSU-Politiker räumten am Freitag ein, dass der Fall Strepp der Partei geschadet habe. Von einem kräftigen Rückschlag war etwa die Rede. Ein CSU-Vorstandsmitglied sagte: „Der Schaden ist immens.“
SPD-Landtags-Spitzenkandidat Christian Ude verlangte weitere Aufklärung. „Das ist eine ganz systematische Intervention, und das muss noch aufgearbeitet werden“, sagte er. Die Affäre sei für die CSU mit Strepps Rücktritt nicht beendet.
Grünen-Bundestagsfraktionschefin Renate Künast sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, sie gehe davon aus, dass Strepp nicht im Alleingang gehandelt habe. „Ich will wissen, ob es einen Auftrag gab oder ob das in Bayern Methode ist.“
Co-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte dem Sender n-tv, Dobrindt und Seehofer müssten „zu ihrer Verantwortung stehen, für eine Kultur, wo es angeraten erscheint, dass eine Staatspartei mal eben bei einem Sender anruft, um einen Bericht über die Opposition zu unterdrücken.“ Er fügte hinzu: „Das ist ja fast so wie im Ungarn von Viktor Orban.“
Seehofer hatte am Donnerstag mehrfach betont, dass Strepp ihm ganz klar gesagt habe, ohne Auftrag beim ZDF angerufen zu haben. Das bekräftigte am Freitag auch Dobrindt. „Strepp sagt ja selber, er habe keine Anweisung bekommen - von niemandem.“ Zudem habe Strepp betont, dass er das ZDF nicht habe beeinflussen wollen, sagte Dobrindt. Ex-Parteichef Edmund Stoiber - einst auch Strepps Chef - sagte, er könne sich nur vorstellen, dass Strepp einen „Blackout“ gehabt habe.
Der CSU-Generalsekretär nannte Strepps Rücktritt - wie auch schon Seehofer - unvermeidlich. „Er hat die notwendige Konsequenz daraus gezogen, dass sich eine übereinstimmende Beurteilung des Telefonats zwischen ZDF und CSU nicht hat herstellen lassen.“ Deshalb sei es „richtig und notwendig“ gewesen, die Entscheidung so zu treffen.
Zugleich kündigte Dobrindt weitere Aufklärung an. „Es ist jetzt die Aufgabe, dies im Gespräch mit dem ZDF zu klären.“ Der Fall werde deshalb Thema in den ZDF-Gremien sein. „Und dann wird man sehen, ob man zu einer gemeinsamen Beurteilung des Telefonats kommen kann.“
Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) forderte lückenlose Aufklärung. Der Sachverhalt sei nach wie vor unklar. „Der Vorwurf, ein Parteisprecher habe ein zwielichtiges Verhältnis zur Pressefreiheit gezeigt, wiegt schwer“, betonte sie.
SPD-Landeschef Florian Pronold betonte: „Die Anruf-Affäre muss jetzt auch in den zuständigen Gremien des ZDF besprochen werden. Allerdings ohne Horst Seehofer und Alexander Dobrindt.“ Seehofer sei befangen, weil er das ZDF bezichtigt habe, den Anruf Strepps falsch wiedergegeben zu haben. Der Ministerpräsident müsse deshalb sein Verwaltungsratsamt ruhen lassen. „Und Dobrindt ist als Mitglied des ZDF-Fernsehrates untragbar geworden, weil er in der Affäre vertuscht statt aufgeklärt hat.“ Dobrindt müsse als Fernsehrat zurücktreten.
Regierungssprecher Steffen Seibert hob vor dem Hintergrund der Medien-Affäre der CSU die Bedeutung der Pressefreiheit hervor. Sein Umgang mit Journalisten sei „professionell und immer von einer großen Achtung der Pressefreiheit geprägt“, sagte der Ex-Moderator der ZDF-Hauptnachrichtensendungen „heute“ und „heute-journal“.