Merkel in Kreuth: CSU-Gegenwind nimmt zu

Kreuth (dpa) - Bei ihrem zweiten Kreuth-Auftritt seit Jahresbeginn muss Bundeskanzlerin Angela Merkel mit heftigstem Gegenwind aus der CSU wegen ihrer Flüchtlingspolitik rechnen.

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Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer, Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und Dutzende Abgeordnete verlangten teils ultimativ einen Asyl-Schwenk.

Seehofer forderte von der Kanzlerin und CDU-Chefin nun sogar einen Kurswechsel binnen weniger Wochen. „Ich glaube, das ist eine vernünftige Zeitachse“, sagte er am Rande der CSU-Fraktionsklausur in Wildbad Kreuth zur Forderung seines Vorgängers Edmund Stoiber. Dieser hatte Merkel zur Lösung des Problems eine Frist „maximal bis Ende März“ gegeben. Allerdings rechnet der bayerische Ministerpräsident nach eigenen Angaben nicht damit, dass Merkel bei ihrem neuerlichen Besuch in Kreuth an diesem Mittwochabend diese Kehrtwende vollziehen wird.

Dobrindt riet der Kanzlerin im „Münchner Merkur“ (Dienstag), in der Flüchtlingspolitik rasch einen Plan B zu entwickeln. „Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass wir um Grenzschließungen nicht herumkommen. Wir müssen das mit den anderen Ländern auf der Reiseroute der Flüchtlinge zügig absprechen“, sagte der CSU-Politiker. Der Minister warf der EU vor, Deutschland in der Flüchtlingskrise alleinzulassen.

In einem Brandbrief fordern mehr als 30 CSU-Landtagsabgeordnete eine Kurskorrektur Merkels - und eine Obergrenze. „Mehr als 200 000 Zuwanderer pro Jahr — seien es Bürgerkriegsflüchtlinge oder Asylsuchende — kann Deutschland nicht verkraften“, heißt es in dem Schreiben, das der Kanzlerin in Kreuth übergeben werden soll. „Wir haben die große Befürchtung, dass ohne eine schnelle Begrenzung in 2016 noch weit mehr Flüchtlinge nach Deutschland kommen werden als im Jahr 2015.“

Die Abgeordneten beschreiben mit teils drastischen Worten, wie schlecht aus ihrer Sicht die Stimmung ist. „Was uns zu diesem Brief bewegt, ist die tiefe Sorge um die Zukunft unseres Landes. (...) Die Ängste vor der Zukunft, mittlerweile aber auch die Verzweiflung und die Wut der Bürger, sind mit Händen greifbar.“

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will Flüchtlinge künftig unmittelbar an der deutschen Grenze zurückweisen, wenn die Kontrollen an den EU-Außengrenzen nicht innerhalb weniger Wochen funktionieren. Er sagte am Rande der CSU-Fraktionsklausur: „Es geht darum, dass wir keine Flüchtlinge mehr unkontrolliert in unser Land lassen.“ Falls jemand aus einem sicheren Nachbarland komme, sei er „unmittelbar abzuweisen“. Herrmann: „Das ist keine Erfindung der CSU, sondern geltendes deutsches Recht.“

In der Unions-Bundestagsfraktion haben sich derweil weniger Abgeordnete an der Unterschriftenaktion gegen Merkels Flüchtlingskurs beteiligt als von den Initiatoren erwartet. Das Schreiben wurde mit den Unterschriften von 44 der 310 Parlamentarier von CDU und CSU an die Kanzlerin gesandt, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur.

Die SPD verlangt von Merkel, dass sie ihren CDU-Innenminister zu mehr Tempo beim Asylpaket II bewegt. „Es ist ganz einfach: Bundesinnenminister (Thomas) de Maizière muss sich nur an die Absprache der drei Parteivorsitzenden halten und endlich einen Gesetzentwurf vorlegen, der der Einigung entspricht“, sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley der dpa. „Wenn er es nicht tut, muss Kanzlerin Merkel dafür sorgen, dass ihr Minister dieses wichtige Reformpaket endlich umsetzt.“ Die Union wiederum wirft der SPD vor, das Vorhaben zu blockieren. Beim Asylpaket II geht es unter anderem um die Einschränkung des Familiennachzugs und die Beteiligung von Migranten an Kosten für Sprach- und Integrationskurse.

Die Innenminister von Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei sprachen sich für eine härtere Gangart an den EU-Außengrenzen aus. Die geplanten Aufnahme-Hotspots in Italien und Griechenland müssten wie „Internierungseinrichtungen“ funktionieren, forderte der tschechische Innenminister Milan Chovanec am Dienstag in Prag. Der slowakische Innenminister Robert Kalinak verlangte im Namen der Vierergruppe eine „gute, schnelle und effektive Rückführungspolitik“. In den ersten 17 Tagen des Jahres sind nach UN-Angaben schon mehr als 30 000 Migranten aus der Türkei nach Griechenland gekommen. Zum Vergleich: Im ganzen Januar 2015 waren es knapp 1700.