Merkel schließt Waffen für die Ukraine aus

Auf ihrer diplomatischen Blitz-Tournee zwischen Kiew, Moskau und Washington hat die Bundeskanzlerin einen Zwischenstopp in München eingelegt, um auf der Sicherheitskonferenz klar zu machen, wie deutsches Krisenmanagement unter ihrer Führung aussieht.

Foto: Ulli Tückmantel

München. Bob Corker, Republikaner, Vorsitzender des Außenausschuss des US-Senats, hält sich nach der Rede Angela Merkel nicht lange mit Höflichkeiten auf. Er und seine Kollegen seien jedenfalls der Meinung, dass Waffen für die Ukraine doch eine gute Idee seien, sagt der 62-Jährige, als hätte er einfach nicht gehört, was die deutsche Bundeskanzlerin gerade eine halbe Stunde lang erklärt hat. Also sagt Merkel es nochmal, in einer Sprache, die auch ein rechter Südstaatler versteht, der sich in seiner Heimat Tennesse gern als Problemlöser inszeniert und Ambitionen auf eine Präsidentschaftskandidatur haben soll: "Die Fortschritte, die die Ukraine braucht, werden nicht durch Waffen erreicht. Ich sehe keine Chance, diesen Konflikt militärisch zu lösen", so die Kanzlerin.


Dafür gibt es am zweiten Tag der 51. Münchner Sicherheitskonferenz dünnen Applaus, der so energisch geklatscht ist, dass man heraus hört, wie er gern nach mehr klänge. Aber dafür reichen die Hände, die nicht zu den Waffen greifen wollen, in diesem Publikum nicht aus. Der frühere britische Außenminister Sir Malcolm Rifkind, heute Vorsitzender des Geheimdienstausschusses im britischen Unterhaus, versucht es nach Corker auch noch einmal: Ob Diplomatie ohne Waffen nicht irgendwie wie Musik ohne Instrumente sei, fragt er die Kanzlerin unter dem Hinweis, dass Zitat stamme möglicherweise von dem preußischen König Friedrich II..


Würde Merkel jemals öffentlich der Kragen platzen, dann wäre es nach dieser Frage wohl bald soweit. Stattdessen kanzelt Merkel den Briten mit schlichter Entwaffnung ab. Sie könne sich keine Situation vorstellen, in der die Ukraine so bewaffnet werden könne, "dass Putin so beeindruckt wäre, dass er Angst hätte, zu verlieren". Und dann erklärt sie dem Briten: "Ich bin 100-prozentig sicher, dass wir mit unseren Prinzipien siegen werden." Sie habe als Siebenjährige erlebt, wie die Mauer gebaut wurde - und niemand militärisch eingriff, weil dies an Wahnsinn gegrenzt hätte. Sie sei überrascht, wie schnell nun alle verzagt seien. Wie könne man bloß schon nach zwei Monaten klagen, die Sanktionen wirkten nicht? Viel mehr beschäftige sie die hybride Kriegsführung der Russen, deren Ergebnis die "schnelle Verunsicherung unserer Bevölkerung" sei, so Merkel: "Da müssen wir Klarheit schaffen."


Und dann überlässt Merkel diese Konferenz, die weder Relevanz noch Beschlusskraft hat, wieder ihrer eigenen Wichtigtuerei. Der russische Außenminister Sergey Lavrov knurrt sich ein grimmiges Statement ab, US-Vizepräsident Jo Biden lässt vor dem "Bayerischen Hof" seine Wagen-Flotte vorführen, nach ihm wird Petro Poroschenko sprechen und die Konferenz auf einem Kurs bestärken, der nicht zwangsläufig mit Sicherheit zu tun hat.


Draußen sammeln sich derweil bei gefühlten minus 20 Grad und Sonnenschein die ersten Gegendemonstranten; später soll es eine Kundgebung vor dem Rathaus mit Konstantin Wecker geben. Merkel hört von all dem nichts. Sie ist mit Wesentlichem befasst. Sie führt Europa an.