Politischer Aschermittwoch Merkel und Nahles schalten um auf Offensive

Passau/Demmin/Schwerte (dpa) - Die Spitzen von Union und SPD wollen angesichts massiver parteinterner Querelen aus der Defensive kommen.

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CDU-Chefin Angela Merkel sagte beim politischen Aschermittwoch in Demmin, die Menschen wollten jetzt eine stabile Regierung und „dass wir uns nicht permanent mit uns selbst beschäftigen“. Interner Kritik wegen zu vieler Zugeständnisse für eine neue Koalition trat sie entgegen. Die designierte SPD-Vorsitzende Andrea Nahles sagte, ihre Partei werde gebraucht und Merkel selbstbewusst die Stirn bieten.

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Die „Göttinnendämmerung“ habe längst begonnen, sagte Nahles bei einer Veranstaltung im nordrhein-westfälischen Schwerte über die Kanzlerin. Merkel sei in ihrer eigenen Partei „angezählt“. Wenn die SPD ihre Erneuerung schaffe, habe sie wieder die Nase vorne. Die Bundestags-Fraktionschefin warb um Zusammenhalt in der SPD für eine Erneuerung: „Ich kann das nicht alleine schaffen, wir müssen uns unterhaken.“ Nahles soll auf einem Parteitag im April zur neuen SPD-Chefin gewählt werden.

In der SPD hatte es nach der Einigung auf einen Koalitionsvertrag mit der Union heftigste Turbulenzen gegeben. Nach massivem Druck aus den eigenen Reihen hatte der bisherige Parteichef Martin Schulz nach nur etwas mehr als einem Jahr im Amt seinen sofortigen Rückzug erklärt. Er verzichtete auch auf den zunächst angestrebten Posten des Außenministers in einer künftigen Regierung. Eine neue große Koalition ist in der SPD ungeliebt, die SPD-Mitglieder stimmen bald über den Koalitionsvertrag ab.

Nahles dankte Schulz und schwor ihre Partei auf ein klares Bekenntnis zu Europa ein. „Die SPD ist die europäischste Partei in Deutschland.“ Dies sei das Erbe von Schulz. Nahles betonte außerdem die sozialdemokratische Handschrift im Koalitionsvertrag, etwa in der Arbeitsmarkt,- Renten- und Bildungspolitik.

Auch Bundeskanzlerin Merkel wies in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern nach erheblicher parteiinterner Kritik auf Erfolge der CDU bei den Koalitionsverhandlungen hin. Der Verzicht auf neue Schulden sei ein Markenzeichen der CDU und werde dies auch in Zukunft bleiben. In der Partei gibt es erheblichen Unmut, weil das bisher CDU-geführte Ministerium für Finanzen an die SPD gehen soll.

Merkel warnte die SPD vor einem Kurswechsel in der Haushalts- und Finanzpolitik. „Wenn in Zukunft die Sozialdemokratie das Finanzministerium besetzt, dann werden unsere Haushaltspolitiker noch mehr aufpassen müssen, dass wir nicht Schulden auf dem Rücken unserer Kinder und Enkel machen.“ Sie sei aber „ganz zuversichtlich“, das dies gelinge. Die Kanzlerin erteilte zudem einer möglichen Aufweichung der Euro-Stabilitätspolitik eine Absage. Sie hob hervor, dass die CDU nach Jahrzehnten wieder das Wirtschaftsministerium bekommen solle.

Merkel rief angesichts der Führungskrise bei der SPD und der langwierigen Regierungsbildung alle Parteien zu Kompromissfähigkeit auf. „Es geht jetzt im Augenblick nicht darum, permanent zu fragen, was macht der andere falsch“, warnte sie. Jede Partei müsse sich fragen: „Was kann ich für dieses Land tun. Denn das ist die Aufgabe von Politik: Zu dienen und nicht rumzumosern.“

Die CSU hatte bei ihrem politischen Aschermittwoch in Passau einen konservativeren Kurs angekündigt. Dazu gehört ein Bekenntnis zu Heimat und deutscher Leitkultur, eine Begrenzung der Migration sowie die Forderung nach christlichen Kreuzen. „Wir sind für die bürgerliche Mitte da. Aber wir wollen auch die demokratische Rechte wieder bei uns vereinen“, sagte der designierte bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Er plädierte dafür, die christliche Prägung Bayerns in der Landesverfassung zu verankern.

Die CSU will mit einem konservativeren Kurs bei der Landtagswahl im Herbst der AfD Wähler abspenstig machen. Acht Monate vor der Abstimmung liegt die CSU in Umfragen bei rund 40, die rechtspopulistische AfD bei 10 bis 12 Prozent.

Der kommissarische SPD-Vorsitzende, Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz, sagte im bayerischen Vilshofen, der SPD komme es in einer neuen GroKo darauf an, trotz des Wirtschaftsbooms das Leben in Städten bezahlbar zu halten und gute Ausbildung, gebührenfreie Kitas und Ganztagsbetreuung voranzubringen.

Der Grünen-Bundesvorsitzende Robert Habeck rief in Landshut dazu auf, das „Gründungsversprechen“ seiner Partei neu zu beleben. Ökologie heiße, dass nicht alles der herrschenden Wirtschaftsform unterworfen werden dürfe und sich Einmischung lohne. FDP-Chef Christian Lindner kritisierte in Dingolfing die Kanzlerin: „Sprechen wir es mal offen aus: Nach zwölf Jahren ist auch die Methode Merkel an ein Ende gekommen.“ Linksfraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte in Passau Lindners Rolle bei den geplatzten Jamaika-Sondierungen. AfD-Chef Jörg Meuthen griff bei seiner Rede in Osterhofen alle anderen Parteien an.