Merkel will nach Wahldebakel Ende des Streits
Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verlangt nach der herben Wahlschlappe in Mecklenburg-Vorpommern ein Ende des Streits in der schwarz-gelben Koalition. „Wir müssen unsere Arbeit machen“, sagte die CDU-Chefin am Montag in Berlin.
Streit sei dabei nicht hilfreich.
„Das Allerwichtigste ist, dass wir in schwierigen Zeiten auch schwierige Probleme lösen“, sagte Merkel mit Blick auf die Euro-Krise. Bei der Wahl hatte die CDU 5,7 Punkte verloren und mit 23,1 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit 1990 erreicht.
Dramatisch ist die Lage in der FDP, wo nach dem Sturz auf 2,7 Prozent und den Querelen um Außenminister Guido Westerwelle parteiintern von einem „Intrigantenstadl“ die Rede ist. Man habe „kein Westerwelle-Problem, sondern ein Marken-Problem“, sagte FDP-Vorstandsmitglied Wolfgang Kubicki der „Leipziger Volkszeitung“. Als Marke habe die FDP momentan „generell verschissen“. Umfragen zufolge droht den Liberalen in zwei Wochen bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus ein ähnliches Debakel. Hier könnte die SPD mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit den nächsten Sieg einfahren.
Klarer Sieger wurde in Mecklenburg-Vorpommern die SPD von Ministerpräsident Erwin Sellering. Er hat nun die Wahl zwischen einer Neuauflage der großen Koalition mit einer geschwächten CDU oder einem Bündnis mit der Linken. Sellering kündigte am Montag an, er wolle mit beiden Parteien noch in dieser Woche Sondierungsgespräche beginnen. Dann müsse man sehen, mit wem Koalitionsgespräche geführt werden.
Seit 2009 habe die SPD einen Lauf, betonte SPD-Parteichef Sigmar Gabriel. „Das Erfolgsrezept ist solides Regieren.“ Sellering sei es gelungen, wirtschaftlichen Erfolg und sozialen Zusammenhalt etwa durch mehr Jobs und Kita-Plätze zusammenzubringen. „Wir sind sicher, dass das Rückenwind für die SPD insgesamt bedeutet und für die Berlin-Wahl.“
Während die FDP jetzt nur noch in 12 von 16 Landesparlamenten vertreten ist, sitzen die Grünen nach dem erstmaligen Einzug in den Schweriner Landtag in allen Landesparlamenten. Das gute Grünen- Ergebnis wertete Grünen-Chefin Claudia Roth als Etappe zur Regierungsübernahme mit der SPD im Bund. Im Hinblick auf die Bundestagswahl 2013 sagte sie: „Ich sehe da große Chancen für Rot-Grün oder Grün-Rot.“
Nach dem vorläufigen Ergebnis legte die Sellering-SPD auf 35,7 Prozent zu (+5,5 Punkte). Die CDU landete im Stammland von Merkel bei nur 23,1 Prozent (-5,7). Die Linke konnte mit 18,4 ihr Ergebnis von 2006 nur wenig verbessern (+1,6). Die noch nie im Schweriner Landtag vertretenen Grünen sprangen auf 8,4 Prozent (+5). Die FDP stürzte auf 2,7 Prozent (-6,9). Die rechtsextreme NPD kam auf 6 Prozent (-1,3).
Im neuen Schweriner Landtag stellt die SPD 28 Abgeordnete (zuletzt 22). Die CDU hat 18 (22) Sitze, die Linke 14 (13), die Grünen 6 (0) und NPD 5 (6). Die Wahlbeteiligung lag bei 51,4 Prozent - ein Negativrekord im Nordosten (2006: 59,1). Ein vorläufiges amtliches Endergebnis gibt es erst in zwei Wochen: Weil ein CDU-Direktkandidat gestorben ist, wurde die Wahl im Westen Rügens verschoben. Wahlforscher rechnen nicht mit größeren Auswirkungen.
Merkel forderte von der schwarz-gelben Koalition mehr Einsatz und Eintracht: „Wir haben alle Hände voll zu tun.“ CDU-Spitzenkandidat Lorenz Caffier bekräftigte, trotz der Einbußen als kleinerer Koalitionspartner sei die CDU zu einer weiteren Regierungsbeteiligung in Schwerin bereit. „Das Land braucht Kontinuität.“ Nach dem Wiedereinzug der NPD in den Landtag sieht Merkel keine schnelle Lösungen im Kampf gegen Rechtsextremismus. „Das ist ein langwieriger Prozess.“ Immerhin sei es ein „leichter Hoffnungsschimmer“, dass die NPD nun schwächer abgeschnitten habe als bei der Wahl 2006.
FDP-Chef Philipp Rösler will mit einer Rückkehr zur Sachpolitik bürgerliche Wähler zurückgewinnen. Als Parteichef sei er für „alles verantwortlich“, betonte Rösler mit Blick auf das Wahlergebnis. Es sei schon erschütternd, dass die rechtsradikale NPD doppelt so viele Stimmen erhalten habe wie die FDP. Rösler will der Partei nach der Berlin-Wahl Vorschläge unterbreiten, „wie die Ausrichtung für die Legislaturperiode aussehen muss“.
Durchwachsen ist die Bilanz bei der Linken, die sich in Mecklenburg-Vorpommern mehr erhofft hatte. Er schätze die Chancen für eine Regierungsbeteiligung auf 50 zu 50 ein, sagte Spitzenkandidat Helmut Holter. Er räumte ein, dass die Linke ihr Wahlziel, über 20 Prozent zu kommen, nicht erreicht habe. Er gab der Bundespartei eine Mitverantwortung. „Die ganzen Debatten, die 2011 meine Partei begleitet haben, waren nicht hilfreich im Wahlkampf.“