Interview Minister Schmidt will Tierschutzlabel für Fleischprodukte
Berlin. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) will ein Tierschutzsiegel für Fleischprodukte einführen. Verbraucher sollen dann erkennen könne, ob Tiere anständig gehalten wurden.
Der Agrarexperte der Grünen, Friedrich Ostendorff, ist skeptisch. Der Minister habe in Sachen Tierwohl schon vieles angekündigt und nicht umgesetzt, so Ostendorff im Gespräch mit unserer Zeitung.
F: Herr Ostendorff, was halten Sie vom geplanten Tierschutzsiegel?
A: Die aktuellen Bilder leidender Tiere aus den Ställen hochrangiger Agrarlobbyisten hat auch Schmidt gesehen. Um die Reputation seines Ministeriums zu retten, verweist er nun auf sein Label-Konzept. Ich gebe zu, ich bin skeptisch. Wir haben in dieser Legislatur schon viele Ankündigungen von Schmidt gehört. Und bisher hat nichts, aber auch gar nichts zu einer spürbaren Verbesserung für die Tiere geführt. Der Minister muss nun beweisen, dass das Siegel kein weiteres Feigenblatt der Fleischindustrie ist.
F: Werden so gekennzeichnete Produkte dann zwangsläufig teurer?
A: Im Moment fehlen mir noch Informationen, um die Auswirkungen von Schmidts Siegel einzuschätzen. Wichtig ist es jedoch, die Struktur der Verarbeiter und des Handels im Auge zu behalten, da dort die Preise gestaltet werden und auch der Mammutanteil der Gewinne hängen bleibt. Genau dort müssen wir eine faire Verteilung der Wertschöpfung erreichen. Es ist nicht zielführend, die Erzeuger und die Endverbraucher gegeneinander auszuspielen.
F: Haben die Grünen weitergehende Pläne?
A: Für uns Grüne ist es wichtig, dass die Tiere ein artgerechtes Leben führen und ihre Schnauze auch mal in die Sonne halten können. In manchen Regionen Deutschlands werden einfach zu viele Tiere auf zu wenig Fläche gehalten. Und ich setze mich auch dafür ein, dass die Tierhalter von ihrer Arbeit Leben können. Diese drei Ziele müssen wir erreichen. Dafür fordern wir eine klare Kennzeichnung von Fleisch nach dem Prinzip der Eierkennzeichnung. Von 0 für Bio bis 3 für konventionellen Mindeststandard. Dann kann jeder beim Einkauf entscheiden, welche Tierhaltung er oder sie unterstützen möchte.
F: Wie fällt aus ihrer Sicht die bisherige Bilanz des Ministers in Sachen Tierschutz aus?
A: Eines ist doch klar: Das System der industriellen Billig-Fleischproduktion ist gegen die Wand gefahren. Minister Schmidt hat sich zu Beginn seiner Amtszeit mit dem Satz geschmückt, den Tieren müsse es am Ende dieser Legislatur besser gehen. Ein Jahr vor der Wahl ist er weiter denn je von der Erfüllung dieser Ankündigung entfernt. Als Landwirtschaftsminister müsste er den gesellschaftlichen Wunsch nach mehr Tierschutz ernst nehmen und gemeinsam mit den Erzeugern zukunftsfähige Strategien entwickeln. Doch diese Lösungsansätze fehlen.