Neuer Atomtransport rollt Richtung Deutschland
Cadarache (dpa) - Fünf Wochen nach dem von Massenprotesten begleiteten Castortransport nach Gorleben rollt erneut ein Zug mit Atommüll von Frankreich nach Deutschland. Der Transport startete nach Angaben der Umweltschutzorganisation Greenpeace am Dienstagabend im südfranzösischen Cadarache.
Er wird voraussichtlich am Donnerstag das bundeseigene Zwischenlager Nord bei Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern erreichen. In den Castoren befinden sich rund 2500 Brennstäbe aus dem Kernforschungszentrum Karlsruhe und vom Atomschiff „Otto Hahn“, die jahrelang in einem französischen Kernforschungszentrum lagerten.
Der Atommülltransport zum Zwischenlager wird von einem großen Aufgebot der Polizei gesichert. Wegen der zu erwartenden Proteste seien rund 3000 Beamte aus den Ländern im Einsatz, davon 1200 aus Mecklenburg-Vorpommern, teilte Innenminister Lorenz Caffier (CDU) am Dienstag in Schwerin mit. Etwa 1800 Polizisten werden von acht weiteren Bundesländern gestellt. Zudem begleite die Bundespolizei „in vierstelliger Zahl“ den Castor-Transport durch Deutschland, wie der Präsident der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt, Joachim Franklin, sagte. In Gorleben sollen insgesamt rund 20 000 Polizeibeamte im Einsatz gewesen sein, um den Atommüll sicher ans Ziel zu bringen.
Zum Zeitplan und zur Route wollte sich der Minister mit Hinweis auf die Witterung und mögliche Behinderungen an der Strecke nicht äußern. „Es geht Sicherheit vor Schnelligkeit. Schon deshalb gibt es keinen festen Zeitplan“, erklärte Caffier. Alle Veröffentlichungen dazu und zur Streckenführung seien Spekulation. Die Kosten für das Land werden auf 1,6 Millionen Euro geschätzt.
Caffier appellierte an die Atomkraftgegner, ihren Protest „sachlich und gewaltfrei zu artikulieren“. Bislang genehmigten die Behörden elf Mahnwachen entlang der Strecke zum Zwischenlager bei Lubmin; insgesamt soll es aber 70 Veranstaltungen geben. „Das Gros im Raum Greifswald“, sagte Caffier. Der Protest sei mit dem in Gorleben vor einigen Wochen aber nicht zu vergleichen.
Unterdessen pirschen sich Atomkraftgegner an die Bahngleise heran. Wie zuvor in Gorleben wollen sie offenbar versuchen, auch den Atommülltransport nach Lubmin durch Unterhöhlung der Gleise zu behindern. In der Region um Greifswald hätten Unbekannte bislang an neun Stellen probiert, heimlich Schotter abzutragen. „Schwellen wurden nicht freigelegt. Wir werten das ganze als Test, angesichts der Frostlage zu ergründen, ob die Steine angefroren sind“, erklärte Franklin. Er leitet den Einsatz der Bundespolizei bei dem Castor- Transport.
Unabhängig von der tatsächlichen Route des umstrittenen Atommüll- Transports bereitete sich auch die Polizei in anderen Bundesländern auf größere Einsätze vor. So rechnet Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) mit Protesten in seinem Land. Wann und wo genau die Castoren durch die Mark rollen, wollte ein Ministeriumssprecher nicht sagen: „Sicherheitsinteressen verbieten eine Vorab-Information zu Route und Zeitpunkt“, sagte er.
Atomkraftgegner gehen davon aus, dass der Zug auf dem Weg ins Zwischenlager Nord bei Lubmin wahrscheinlich auch durch die Prignitz rollt. „Der Karlsruher Atommüll ist in Lubmin völlig fehl am Platz“, kommentierte Greenpeace-Sprecherin Anike Peters. So lange kein sicheres Endlager existiere, müsse der Müll wieder zurück in das Bundesland, in dem er produziert wurde.