Niederlage für Euro-Rebellen — eine Atempause für Rösler
Der FDP-Chef hat sich durchgesetzt. Doch die Probleme der Liberalen sind damit nicht aus der Welt.
Berlin. Letztlich ging der FDP-Mitgliederentscheid knapp, aber überraschend gut für Parteichef Philipp Rösler aus. Rund 31 Prozent der Liberalen gaben ihren Stimmzettel ab, rund zwei Prozentpunkte weniger als nötig gewesen wären, um dem Entscheid die bindende Wirkung eines Parteitagsbeschlusses zu verleihen.
Dass sich der Vorstandsantrag für den Euro-Rettungsschirm ESM mit einer Mehrheit von rund 2000 Stimmen durchsetzen konnte, war nicht abzusehen. Die Parteispitze setzte lange darauf, dass die Initiatoren des Mitgliederentscheides gegen den dauerhaften Stabilitätsmechanismus um Frank Schäffler die nötige Stimmenzahl verfehlen würden.
Das heftig kritisierte Vorpreschen Röslers, als er Schäffler bereits vor Stimmabgabeschluss zum Verlierer gestempelt hatte, zeigte offenbar Wirkung. Am Freitag vergangener Woche lag die Zahl der abgegebenen Stimmen bei rund 16 500. Ausgezählt wurden letztlich aber 20 400.
Das bedeutet, dass innerhalb der letzten Tage viermal so viele Stimmen eingegangen sind wie in den Tagen zuvor — ob von Gegnern des ESM oder Unterstützern der Linie des Parteivorstandes lässt sich nicht sagen. Rösler äußerte am Freitag jedenfalls Bedauern über dieses Vorpreschen und dürfte damit auch die Gemüter etwas beruhigt haben.
Die dramatische Woche, die mit dem Rücktritt von Christian Lindner als Generalsekretär ihren Höhepunkt erreichte, fand mit dem Ergebnis des Entscheids noch einen versöhnlichen Schluss. Dass es Rösler noch am Tag von Lindners Rücktritt am Mittwoch gelang, mit Patrick Döring einen Nachfolger zu präsentieren, war hilfreich. Allerdings hat auch der Start des neuen Generalsekretärs einen kleinen Schönheitsfehler. Er muss sich verantworten, weil er den Außenspiegel eines anderen Autofahrers demoliert hat.
Schäffler räumte die Niederlage ein und versicherte Rösler bei einem gemeinsamen Auftritt, er wolle dazu beitragen, „dass die Gräben innerhalb der Partei wieder zugeschüttet werden“. Er sei jetzt auch erleichtert, sagte Schäffler. Erhobenen Hauptes verließ er die Bühne. An einer Spaltung der Partei scheint er nicht interessiert zu sein.
Gleichwohl hält Schäffler daran fest, die angeblichen oder tatsächlichen organisatorischen Mängel des Mitgliederentscheides aufarbeiten zu lassen. Auf seiner Homepage ruft er alle Unterstützer auf, „in der FDP weiter für ein Europa des Rechts, der Rechtsstaatlichkeit und der Marktwirtschaft zu kämpfen“.
Rösler gehe aus dem Mitgliederentscheid gestärkt hervor, sagen führende Parteimitglieder unisono. Er müsse aber auch versuchen, schnellstmöglich das Misstrauen in der Parteiführung abzubauen, das in den Tagen des Mitgliederentscheids offenkundig geworden ist.